Der Inhalt der Kirchturmkugel zu Mahlsdorf


Die Reparatur im September 1953 - Die Schrift von Dachdeckermeister Wöhler

                                                  Mahlsdorf, d. 18.September 1953


Am heutigen Tage wurde die Neudeckungsarbeit mit Naturschiefer beendet und somit die alten wie auch neu beigefügten Urkunden der Turmkugel wieder für spätere Generationen zur Einsicht einverleibt. Auch wir Dachdecker wollen daher für unsere Nachfolger, die einmal den Turmknopf in späteren Jahren wieder herunternehmen aus unserer gegenwärtigen Zeit einiges hinterlassen. Wir leben in einer ernsten und schweren Zeit. Arbeitsmangel haben wir nicht. Jedoch die Materialbeschaffung macht uns viele Sorgen. Insbesondere Nägel. Die hier im Turm verwendeten Schiefernägel gibt es nicht in unserer Deutschen Demokratischen Republik, sondern sie mußten aus dem Westen (der Bundes Republik bezogen werden. (Geldlich mußte nach unserem Geld für 1 Mark 6 Mark gezahlt werden.)
Hier können wir für unseren Beruf weder eine Schieferhammer, Zungen oder Verstreichkelle noch Kneifzange kaufen. Im Augenblick gibt es keine Dachpappe noch Pappnägel. Während man drüben in Westdeutschlad alles kaufen kann. Es sind für uns Bewohner im Osten unhaltbare Zustände und wir ersehnen jeden Tag ja jede Stunde eine Rettung aus dieser Not. Unser Glaube und unsere Hoffnung möge bald Erfüllung werden.
An diesem Turm haben als Dachdecker gearbeitet:
1. Wilhelm Wöhler, Dachdeckermstr. Pretzier 45 Jahre alt
2. Karl Leu, Maxdorf 1. Geselle-Polier 43 Jahre alt
 
   (Heimatvertriebener aus Rufen bei Landsberg Warthe, Prov. Brandenburg)

3. Karl Schwerdt Königsstedt 2. Geselle 34 Jahre alt
4. Hermann Reichardt, Lehrling aus Kunrau 17 Jahre alt
In diesem Jahr ist auch von uns schon die Turmspitze in Winterfeld neu mit Schiefer gedeckt und das Turmdach mit Mönch und Nonnen.
Dachdecker gibt es sehr wenig. Wir haben bei 6 Leuten etwa 40 Dörfer zu bestreiten. Da gibt es viel Arbeit. Der Krieg 1939-45 hat vieles zerstört insbesondere Städte. Auch Mahlsdorf hatte im November 1943 eine Bombe abbekommen. 90 000 Dachziegel wurden für die Dachschäden benötigt und ich arbeitete damals hier mit 22 Dachdeckern. Gebe Gott, das Euch die ihr später den Dachdeckerberuf ausführt bessere Zeiten beschert sind

Diese Zeilen widmet Euch Dachdeckermstr. Wöhler


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