Der Inhalt der Kirchturmkugel zu Mahlsdorf
Die Reparatur im September 1953 - Die Schrift eines Ungenannten
Mahlsdorf im September 1953
Euch späteren Generationen gewidmet aus unseren Tagen und Jahren des unglücklich verlorenen
Krieges 1939-45
Uns wie jenen lieben Menschen die einmal diese Aufzeichnungen in Ihre Hände nehmen wird es
unfaßbar sein, daß man einem Volke wie das Deutsche nach einem unglücklich ausgegangenem
Kriege nach acht Jahren noch keinen Frieden gegeben hat. Wir ein besiegtes Volk leben noch
in schwer dunkler Zeit. Werden wir jemals noch glückliche Tage sehen ?
Als im Mai 1945 der Krieg sein Ende errreichte begann für uns Deutsche eine unbeschreibliche
Leidenszeit. Das Land und die Städte zerstört. Die Menschen zu Verrätern am eigenen Volke
geworden. Alle Deutschen jenseits der Oder wurden vertrieben somit Heimatlos gemacht.
Soldaten die in Gefangenschaft geraten fanden daher schwer ihre Angehörigen wieder wenn sie
jemals entlassen wurden, denn noch heute fehlen 100 000 und mehr deutsche Soldaten. Es leben
viele Heimatvertriebenen in Mitteldeutschland.
Die ersten Jahre waren Plünderungen an der Tagesordnung. Diese armen Menschen kamen arm,
mittel und Heimatlos hier an. Gott sei Dank haben viele schon wieder eine Beschäftigung und
somit Heimat gefunden.
Dann allmählig setzte das normale Leben wieder ein. Aber für Lebensmittel wurden fast
unerschwingliche Preise gezahlt. Deutschland wurde zerrissen. Es gab 4 Zonengrenzen. Eine
Amerikanische, eine Englische, eine Französische und eine Russische zu der wir Ostdeutschen
gehören. Im Jahre 1952 wurde entlang der Zonengrenze von der Ostsee bis nach Östereich fern
ein 10 meter breiter Streifen gezogen. Umgepflügt und geharkt damit jeder Fußtritt erkannbar
war. Entlang des Streifens wurden Polizeiposten aufgestellt damit niemand vom Osten zum
goldenen Westen hinüber konnte. Aber dennoch liefen sie scharenweise nach drüben.
Die großen Aleierten im Kriege hatten sich nun nach dem Krieg veruneinigt. Drüben der
Kapitalismus und hier der Kommunismus. Zwei Gegensätze wie Feuer und Wasser. Ebenso war
Berlin in 4 Zonen eingeteilt. Wer in den letzten Jahren in Westberlin war kennt den
Unterschied zwischen Ost und West (Kapitalismus und Kommunismus) es ist wie Tag und Nacht:
Armes deutsches Volk in dieser Zone. Hier in der Landwirtschaft wurden den Besitzern
Soll-Lieferungsmengen auferlegt die für größere Landwirte nicht aufzutreiben waren.
Eine Wirtschaft von 2 - 300 Morgen mußte beispielsweise liefern:
an Milch etwa 25-35 000 Liter mit 3,5 % Fettgehalt
an Kartoffeln 6 - 8 00 Ctr.
an Getreide 5 - 7 00 Ctr.
Dann mußte außerdem die Wirtschaft bringen zirka 200 Ctr. Fleisch in Lebendgewicht, trotz
Beraubung der Futtermittel. Es muß hier zur Schande der Nachwelt niedergeschrieben werden,
daß bei manchen Besitzer das Vieh buchstäblich verhungert ist. Aber dann unter den Druck
dieser Gewaltherrschaft setzte dann die Flucht der Bauern ein über Westberlin nach
Westdeutschland (von Westberlin wurden sie mit Flugzeugen weiterbefördert) bis tägliche
Höchstzahlen an 3 000 Personen. Es sind Millionen gewesen die Haus und Hof verließen wegen
unmenschlicher Grausamkeit. Dann am 11. Juni 1953 erkannte die Regierung ihre großen Fehler
und sie boten allen Besitzern ihre Höfe wieder an falls sie zurückkehrten. Doch nur nur
einige glaubten diesen Worten und kehrten zurück. Aber am 17. und 18. Juni 1953 bäumten
sich die Arbeiter in den Städten auf. Berlin, Leipzig, Halle, Magdeburg und andere Städte,
aber der Russe fuhr mit Panzern auf und die Menschen in der Stadt müssen weiterhin hungern
und darben. Die Regierung aber trat nicht zurück. Alles geht nun so weiter. Wann werden
wir erlöst ? Wann kommt die Einheit Deutschlands in Frieden und Freiheit. Wir leben unter
der Knute. Uns bleibt nur die Hoffnung. Unsere Stütze aber und Stärke ist unser ewig
großer Hergott.
Ein Ungenannter
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