Der Inhalt der Kirchturmkugel zu Mahlsdorf


Die Reparatur am 23. Juli 1846 - Die Schrift von Pastor Borgmann

Gnade sey mit uns und Friede von Gott, unserem Vater und unserem Herrn Vater, und unserem Herrn Jesu Christo ! Gnade vom Vater und vom Sohn über Euch, Ihr späten Enkel und Urenkel. die Ihr erneuert oder bauen wollt in frommen Sinne, was wir, Eure Vorfahren, jetzt gebaut haben ! -------------- Es schien uns zweckmäßig, dem neuen Thurmknopfe einige Nachrichten anzuvertrauen, die Euch vielleicht nicht unwillkommen sind. Sie mögen sich auf Folgendes beschränken:
Die alte Thurmspitze, welche einzustürzen drohte, wurde am 23 ten Juli 1846 mit einem starken Thau heruntergerissen. Die Wände der alten Spitze waren auf eine Höhe von ca. 19 Fuß viereckig; die c. 14 Fuß hohe Spitze selbst achtkantig, äußerlich Alles mit eichenen Schindeln benagelt. Der von Sperlingen ausgebautete Knopf, in welchem wir vergebens Nachrichten von den Vorfahren suchten, war, wie die Fahne von Eisenblech. Das Dach des massiven Thurms hatte man zur Hälfte mit Aufreitersteinen gedeckt. Die beiden größeren Glocken hingen zwischen dem eigentlichen Dachgebälk des Thurmes und hatten keinen Glockenstuhl, die eine am südlichen, die andere am nördlichen Giebel. Die Die 6 Jalousieluken am Thurme standen bis daher offen. Der Boden des Glockenthurmes war ohne Bedielung, ein blos massives Gewölbe, sehr schadhaft und darum bereits längst eingestürtzt. Auf demselben fand sich noch viel Schutt vor, darunter viel verbrannter Roggen, dergleichen Erbsen, was nebst angebranntem Gebälk im Thurm und abblätternden Steinen auf ein völliges Ausbrennen desselben, wahrscheinlich vor 200 Jahren, da auch der größte Theil des Dorfes abgebrannt seyn soll, schließen läßt. Der jetztige neue Thurm ist mit Gottes gnädiger Hülfe am 25 sten Juli 1846 unter der Leitung und Aufsicht des Zimmermeisters August Brüggemann aus Salzwedel von dessen Polier Bethge und Gehülfen gerichtet worden, sowie auch der darunter befindliche ganz neue Glockenstuhl. Ein junger Krumsigk,der bei dem Bau sein Lehrstück gemacht, hielt, nachdem er an den Zweck des Thurmes u der Glocken erinnerte; worauf ein mehrstimmiger Gesang von dessen Freunden, Gymnasiasten aus Salzwedel, von der Zierde des Thurmes herab erscholl. Zum Schluß stimmten Alle ein in das Lied:"Nun danket Alle Gott pp.
Außerdem sind Thurm und Kirche geweißt, Kirchenstühle, Chor u Kanzel angestrichen und ausgebessert, die Kirche ist neu gepflastert, die Fenster erhielten neues Glas, sind aber leider nicht erweitert, um hinreichend Licht zu geben, die Kirchhofsmauer wurde ausgebessert und auf der Nordseite des Kirchhofs sollte ein Estaquet nebst lebendiger Hecke als Einfriedung angelegt werden.-
Alle diese Baulichkeiten waren von dem Königl. Bauinspector Dolscius aus Stendal zu 800 rtl. 27 sgr. veranschlagt für welchen Preis die Gemeinde Mahlsdorf dieselben in entreprise genommen hat. Die Kosten wurden aus Kirchenmitteln bestritten; jedoch machte die Kirche dabei 400 rtl. Schulden, welche die Gemeinde gegen Verzinsung von 3 1/2 Pr. vorschießt. Sie wird dieselben bald abtragen können, wenn sie ferner, wie jetzt, 46 rtl. jährliche Landwirthe aufnimmt.
Heinrich Lüders, wohnhaft in Salzwedel, besorgte sämtliche DAchdecker und Schieferarbeiten. Derselbe setzte (auch) den Knopf auf, in welchem diese Nachrichten, am 29 sten August 1846. Möge er sein gefahrvolles Werk glücklich beenden ! -
Im Anfang des Jahres 1844 wurde Mahlsdorf in kirchlicher Hinsicht wieder eine Filia von Stappenbeck, wie sies früher war und damit ein sehnsüchtiger Wunsch der Gemeinde erfüllt, die nun den weiten und oft schlechten Weg nach Dambeck nicht mehr zu machen braucht. Sie verdankt das am meisten dem unpareiischen Beistand des Königl. Landraths von der Schulenburg auf Probstey Salzwedel und der Zustimmung des Bürgermeisters von Benningsen-Förder. Möge die Gewährung des Wunsches der Gemeinde zur Förderung eines frommen Sinnes und christlichen Wandels dienen ! -
Diesen Zweck, um so auf die Zeitverhältnisse überzugehen, will und soll je auch für die ganze evangelisch-christliche Kirche die jetzt in Berlin versammelte evangelische Landessynode fördern. Und das thut um so mehr Noth, da die römische Kirche so gern die evangelische wieder verschlingen möchte, um sich für den Abfall der sogenannten Deutsch-Katholiken zu entschädigen. Denn wenn es unter den Evangelischen bei der jetzt einerseits herrschenden Frömmelei, anderseits aber vielfach Eingang findenden, dem Unglauben nahe verwandten, Freigeisterei bleibt, woher soll da der rechte Widerstand gegen die ihre Polypenarme ausstreckende, sich immer noch die alleinseelig machende Mutter nennende, Kirche kommen ? Währe nur unsere Gemeinen schon reif zu der in Vorschlag gebrachten Presbyterial-Verfassung ! Aber ach, der Indifferentismus in den unteren Schühren gegen das Kirchliche wird durch das materielle Streben der Zeit zu sehr gemehrt! Um wie Vieles auch die Menschen durch die neuen Erfindungen der Eisenbahn u Dampfschiffe einander dem Raum nach näher gebracht sind, Mangel an Gemeinsinn u Selbstsucht sind noch immer die größten Hindernisse des Reichs Gottes auf Erden.
Ob und wann Preußen, zu dem wir als Bewohner der Provinz Sachsen gehören, eine Constitution bekömmt, läßt sich nicht sagen: es scheint, als sey die Zeit dazu nicht fern. Friedrich Wilhelm IV ist jetzt sein unumschränkter König. Seit 1815 Friede im Lande. Ablösungen und Separationen der Grundstücke schreiten fort. Völlige Separation beginnt auch jetzt wieder in Mahlsdorf,nachdem früher schon die Kirchen- Pfarr- u Schulländereien, wie die Grundstücke des Achermann Hennings aussepariert sind. Die seit einigen Jahren über Malsdorf führende Chaussee von Magdeburg nach Salzwedel erleichtert den Verkehr des Dorfs, das incl.Kinder etwa 250 Einwohner zählt, Wohnhäuser 39, nämlich 15 für Ackerhofbesitzer, 24 für Grundsitzer.
Die Namen der Ackerleute sind folgende:
1.Erdmann Reckling, Dorf- u Lehnschulz
2.Johann Joachim Schulz, Kirchenvorsteher
3.Matthias Bubke, Kirchenvorsteher u Schöppe
4.Hans Erdmann Henninger 7. Hans Joachim Strassenburg
5.Christian Stappenbeck 8. Asmus Schulz
6.Chrstoph Bierstedt 9. Christoph Schulz
10. Friedrich Schulz Gastwirt 11. Christian Lange Schöppe 12. Erdmann Bubke 13. Hans Joach.Bersiner, Schmiedemeister, auf dem dismembrirten Lühmannschen Ackerhofe 14.Hans Joachim Lüder 15. Heinrich Schulze
Küster und Schullehrer ist Johann Friedrich Wiehmann Kornpreise: 1 Schfl. Weizen 2 rtl. 12 sgr 1 " Roggen 2 " 7 " 1 " Gerste 1 " 10 " Hafer a Schfl. 1 rtl.,1Schfl. Kartoffeln 15 sgr. 1 Schock Stroh 5 rtl.
Es hat im Laufe dieses Jahres wenig geregnet; daher lohnt das Korn schlecht und die Kartoffeln, deren Kraut zu früh vertrocknete, versprechen schlechten Ertrag, sollen auch wieder. wie im vorigen Jahre, an manchen Orten zur Fäulnis neigen. Die Erndte begann in diesem Jahr ungewöhnlich früh schon am 13. Juli und ward schnell beendet. Ein sehr milder Winter war vorangegangen. Der Wein ist vortrefflich gerathen.
Holzpreise etc. Schwellholz zu 6 u 8 Zoll kostet jetzt a Fuß  3 1/2 sgr.
                       Stenderholz   "     "     "                   2 1/2 sgr. (= 2 ggr.) 
                       kienende Balkenhölzer a Fuß                   3 sgr.
                       kienende 5/4 zöllige Bodenbretter a Fuß       1 1/4 sgr.
Mauersteine     10 Zoll lang 5 breit 2 1/2 dick a mille      10 Thaler
Tagelohn eines Zimmer- u Maurergesellen                      13 sgr. 9 pfg.
Ein gewöhnlicher Tagelöhner erhielt außer Beköstigung täglich 3 sgr. 12 Pfennige. Ein guter Groschen hält 15 Silberpfennige, früher 12 gute Pfennige ***
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(Anmerkung-Andreas Schwieger:liegt hier ein Abschreibefehler meines Vorgängers vor, oder
 irrte sich Pastor Borgmann. Da man immer Groschen*Pfennige auf 360 je Thaler kommen muß,
 müßte es genau umgekehrt sein.
 füher: 1 Thaler zu 24 gute Groschen je 15 gute Pfennige = 360
 1846 : 1 Thaler zu 30 Silbergroschen je 12 Pfennige     = 360
Auch wurde in der Abschrift statt sgr. (Silbergroschen) die Abkürzung sgl. verwendet, bzw.
statt ggr. (gute Groschen) ggl. die keinen Sinn ergeben. Nur die Einsicht des Originals kann 
da klären.  Stand: 7.7.2002
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Ein Thaler hält 30 Silbergroschen, früher 24 gute Groschen Ein preußs. Friedrichsdor hält 5 rtl. 20 sgr. Vorstehende Notizen, die vielleicht für späte Nachkommen sich erhalten und dann interessant seyn dürften, teichnete auf

Stappenbeck d 29 sten August 1846 der Pastor Borgmann

                                     - 5 -

2. (1846)

 No.       Namen                 Stand u. Namen                  Juni 
           der                        der                   1 ste  2te    3te    4te    
        Schulkinder           Eltern od. Herrschaften       Woche  Woche  Woche  Woche 

  1.    Christzf.Schulz       Schulz.Bienenwärter            "      "      3      "
  2.       .     Bode         Bode.  Hirte                   "      3      3      "
  3.    Erdm.    Bode              dt.                       "      "      3      "
  4.    Heinr.   Schulz       Fried. Schulz. Zeitsitzer      3      "      "      "
  5.    Joh.Joach.Batke       Batke. Tischler             Ist noch nicht zur Schule gekommen
  6.    Maria.   Schulz       Friedr. Schulz Gastwirth       3      "      "      "
  7.    Henriette Brunke      Brunke, Tischler               "      3      "      "
  8.    Wilhelm.Schulz        Kaiser. Grundsitzer            "      "      3      "
  9.    Doroth.Treß           Christz.Schulz.Ackerm.         3      "      "      "
 10.    Wilhelm.Schulz        Schulz.Chaussee-Arbeiter       "      3      "      "
 11.    Elis.Mertens.         Batke.Tischler                 "      3      "      "
 12.    Pauline.Beneke        Beneke.Tischler                "      3      "      "
 13.    Ils.Doroth.Schulz     Schulz.Bienenwärter            3      "      "      "

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