Nikolaus Seidel

im Amt von 1681 bis 1703 als - Pastor, Banker, Bauer und Baumeister

Von Fritz Lange, Buchwitz 1997, verbunden mit einem Gruß nach Ecuador


Nikolaus Seidel war Pfarrer für die drei Gemeinden Stappenbeck, Buchwitz und Mahlsdorf. Er hatte vier Kirchen mit etwa 200 Kommunikanten, das sind Einwohner, die früher die Kommunion und später die Konfirmation erhalten haben, zum Abendmahl gehen und Vierzeitengeld geben.
Stappenbeck hat eine zweite Kirche, die Klauskirche, sie wird auch als Capelle St. Nicolai bezeichnet. Für die Nicolaipredigt erhielt der Pator jährlich einen halben Taler.

Nikolaus Seidel hatte umfangreiche Aufgaben:

Der Pastor als Banker


Neben seiner seelsorgerischen Tätigkeit führt er für alle vier Kirchen eine separaten Kasse. Er verleiht Geld an fast alle Einwohner (Hofbesitzer), so daß man aus dem Kassenbuch fast komplette Einwohnerlisten erstellen kann. Schneider und Schäfer bekommen seltener Kredit. Der Jahreszins beträgt für einen Taler einen Groschen, das sind etwa 4%. Die Kreditnehmer sind in den meisten Fällen Einwohner der drei Orte seiner Kirchengemeinde, aber auch Handwerker aus Salzwedel und Gardelegen.
Der Großschmied Lagemann aus der Alten Stadt Salzwedel hat 3 Taler Kridit von der Kirche, ist aber 1691 mit den Zinsen drei Jahre zurück, 1696 hat er wieder nicht gezahlt, 1698 arbeitet er an der Kirche und der Pastor zieht ihm die rückständigen Zinsen vom Arbeitslohn ab.
Meister Hinrich Jacob Engelhard, Bürger und Schuster in Gardelegen, erhält mit Consens der Schulenburgschen Inspektion zu Apenburg und Caution des E.E. Rats der Stadt Gardelegen auf Zins geliehen 20 Taler. 1696/97 gibt er, wie versprochen, einen Taler jährlich Zins und zahlt das Geld zwischen Ostern und Pfingsten 1698 zurück.
Der Pastor vergibt aus der Kasse zu Stappenbeck jährlich bis zu 250 Taler Kredite. Das Geld geht an einzelne Bauern in Höhe zwischen einem und 29 Talern.
Lediglich die Erbengemeinschaft des Leutnants Petsch hat über längere Jahre einen Kredit über 70 Taler.
In der Kirchenkasse verbleibt je nach Anfall von Kirchenreparaturen ein Bestand von 50 - 100 Talern.

Die Filialkasse von Mahlsdorf gibt etwa 100 Taler und hat im Schnitt einen Bestand von 60 Talern.

Die Kasse der Cluß Capellen (Klauskirche) ist die kleinste mit etwa 20 Talern Bestand und Kredit.
In dieser Kirche wurde über längere Zeit nur viermal im Jahr Gottesdienst gehalten. Interessant ist hierbei, daß fast jedes Jahr auswärtige Besucher kommen; erwähnt werden hierbei Besucher aus Lüneburg. Fast alle spenden für die Kirche die Summe von einen Taler und 8 Groschen, so daß man beinahe von einem Eintrittsgeld ausgehen kann.

Es ist anzunehmen, daß die Besucher noch an die heilende Wirkung der Kirche geglaubt haben. Die Sage überliefert, wer duch einen besonderen Gang dieser Kirche ging, wurde gesund. Die Heilkraft soll verloren gegangen sein, nachdem ein Bauer seinen blinden Schimmel durch den Gang geführt hat.

Liste der Einzelspenden für die Cluß Capellen 1692 bis 1701                                                                  Taler  Groschen Pfennige           1692 Claus Müller                                                   1       8            1693 gibt ein Christoph                                             1       81694 E.Schmiddorf (Pfarrersohn)                                     1       81696 eine Frau Leutnant                                             1       2       9 1697 der Herr Rittmeister von Damnitz verehret der Kirche           1       21697 eine Frau Leutnant schenkt                                     1       91698 Herr Jos. Hinrich Steens Eheliebste zu Lüneburg verehret       1       8 1698 die des H.L. Eheliebste verehret bei dieser Kirchenrechnung    1       81699 des Herrn Leutnant Petsch Eheliebste                           1       81701 ein guter Freund dieser Kirche                                 1       8
Es ist zu vermuten, daß durch diesen Kirchenbesuch der Herr Leutnant Petsch nach Stappenbeck gekommen ist. Er heiratet hier die Tochter vom Hof des Barthold Riebow und wird mehrere Jahre Dorfschulze on Stappenbeck. Er stammt wahrscheinlich aus dem Braunschweigischen.

Alel ein oder zwei Jahre wird eine Kassenprüfung durchgeführt, für Stappenbeck und Buchwitz auf dem Schulzenhof in Stappenbeck durch den Schulenburgschen Gesamtrichter Dr. Philipp Enoes Heyland. Anwesend sind der Pastoris Nicolaus Seidel und die Kirchenväter (Älteste)
für Stappenbeck           1690 Joachim Kerstens und Asmus Schulz                          1698 bis 1701 Asmus Stappenbeck und Jürgen Lentzefür Buchwitz              1695 Hans Mertens und Meister Arend Schultz                          1697 Hans und Jürgen Schulz Gebrüder

Der Herr Dr. Heyland erhält aus der Kirchenkasse für die Prüfung 18 Groschen, später einen Taler (24 Groschen). Für die Zehrung (Mahlzeit) bei der Prüfung werden aus der Kasse von Stappenbeck ein Taler und aus der Kasse von Buchwitz 18 Groschen gezahlt. Für das Bier bei der Zehrung gibt die Kasse von Stappenbeck 18 Groschen, die von Buchwitz 9 Groschen.

Ab 1698 ist Her Joachimo Annisyo Bürgermeister der Neuen Stadt Salzwedel, Schulenburgscher Gesamtrichter und Kassenprüfer. Er führt bis 1701 diese Kontrollen duch.

Die Kassenprüfung für Mahlsdorf wird 1601 im Krug und 1697 auf Stoffel Straßenburgs Hof durchgeführt. Der Prüfer ist der Amptmann zu Dambeck, anwesend sind auch die Kirchenväter Stoffel Straßenburg und Joachim Fahldieck. Auch der Amptmann bekommt für die Prüfung einen Taler. Der Pfarrer bekommt für die Führung der Kasse 6 Groschen pro Kasse, das sind bei 4 Kassen=24 Groschen oder ein Taler. Da es den örtlichen Kirchen gut geht, wird aus der Kasse zu Stappenbeck ein Taler für die armen und abgebrannten Kirchen und Schulen gespendet, dazu aus der Kasse zu Buchwitz 9 und aus der von Mahlsdorf 12 Groschen.

Jährlich gibt der Pfarrer aus der Kirchenkasse für die Gemeinde Stappenbeck eine Tonne Bier, für die Gemeinde Buchwitz eine halbe Tonne.

Der Pastor als Bauer

Als Bauer verwaltet er vier Hufen, zwei in Stappenbeck je eine in Buchwitz und Mahlsdorf. Eine Hufe wird mit etwa 60 kleinen Morgen angegeben. Als in Buchwitz 1849 bei der Separation das Weideland mit vermessen wird, hat die Kirchehufe 107 kleine Morgen. In Stappenbeck beackert er einen Teil selbst, der andere wird gemeinschaftlich bewirtschaftet.

Die Saat wird aus der Kasse bezahlt, die Ernte wird verkauft, das Geld kommt in die Kirchenkasse. Es sind für Korn im Schnitt 6 bis 7 Taler jährlich, 1698 mit Gottes Segen 13 Taler. Zu den Einnamen kommt 1684 der Ertrag von 13 1/2 Bund Flachs in Höhe von einen Taler 3 Groschen. Von der Feldmark Rimmelkluth nimmt die Kirche 6 Groschen Ackerzins ein. Außerdem zahlt jeder Bauer in allen drei Dörfern pro Hof jährlich ungefähr 3 Groschen Flachsgeld an die Kirche.

Die Kirchenväter fahren das Kirchenkorn in die Stadt und bekommen dafür 6 Groschen Drinkgeld. Der Pastor verzeichnet auch Biergeld für das Mähen und das Dreschen. In Buchwitz betragen die Einnahmen vom Kirchenacker 4 bis 6 Taler. Am Ende seiner Amtszeit in Stappenbeck stellt er fest, daß ihm die Einnahmen vom Kohlhoff in Buchwitz fehlen. Er schreibt dazu:



"Dietrich Schultze Coßater in Buchwitz sollte geben von dem Kohlhoff; es ist aber dieses Geld in dreißig und mehr Jahren nicht ausgegeben, sondern der Kirchen zur Ungebühr verschwiegen. In der Rechnung de a.o. (anno) 1672 und davon noch vorher findet sich diese Einnahme.

Dietrich Schultze soll sulange da den Coßatenhof bewohnt hat, zur Zahlung angehalten werden."



Er bemerkt weiter:


"Von dem Kirchhoffe sollte in diesem Jahr zwei Groschen gegeben werden für den Graßwuchs, aber die Gemeine (Gemeinde) berichtet, das in diesem trockenen Jahr keins gewachsen."



 

In Mahlsdorf ist der größte Teil verpachtet und bringt 1697 nur noch 4 Taler, 1695 waren es noch 12 Taler.



 

 

 

Einzelaufstellung der Einnahmen vom Kirchenland 1697
                                      GroschenVier Bund F1achs                        9 Die Mückenwiese                         6Das Streitland                          3Die Wiese am Knick                     15Die Wiese an der Bähke                 15Die Wiese an der Föhrde                 6Die Büßener Wiese                       2so in diesem Jahr brach gelegenDie Nachtweide                          9 Das Obst und das Gras auf dem Kirchhof  6Dreißig Bund Flachs der ganzen Gemeinde 1 Taler 21 Groschen.

Auffallend ist die Einnahme von 3 Groschen für die Kasse von Mahlsdorf vom Streitland.

Das Streitland (Strietland) liegt im Westen der Gemeinde Buchwitz und ist durch die Feldmark Stappenbeck von Mahlsdorf getrennt. Diese Einnahme ist 1579 für Mahlsdorf verzeichnet, obwohl die Auseinandersetzung um das Strietland der Sage nach zwischen Buchwitz und Stappenbeck stattgefunden hat.


Der Pastor als Baumeister

Auch als Baumeister ist der Herr Pastor tätig, was nach dem 30-jährigen Krieg dringend nötig war. Er läßt für alle vier Kirchen eine neue Priiche (Empore) bauen. Baukosten pro Stück 6 bis 8 Taler plus l bis 2 Taler für Bier. In Stappenbeck kauft er 1687 vierhundert Steine zum Ausbessern des Altars und für das Pflastern der Kirche. Der Maler Johs Elers aus Gardelegen erhält 12 Groschen. 1690 zahlt der Pastor dem Bildhauermeister Christoph Möller aus Arendsee 7 Taler für den Taufengel und dem Schmied einen Taler 3 Groschen für die eiserne Stange so den Engel zu führen. Weiter zahlt er 23 Taler für Material und Arbeitslohn für Maurerarbeiten, die ein Maurermeister aus der Alten Stadt Salzwedel durchführt. 1693 kauft er 68 Dannenbretter für 9 Taler und 9 Groschen, um damit den Kirchenboden zu belegen. 1701 erhält der Glockengießer Hinrich Abel Kramer aus Salzwedel die restliche Forderung von 23 Taler gezahlt. Viel Ärger hat er auch mit der Stappenbecker Kirchturmuhr. Sie wird in seiner Zeit mindestens drei mal repariert. Eine Reparatur ist mit l5 Talern verzeichnet. Der Uhrmacher kommt am Anfang aus Gardelegen, später aus Bismark. Der Pastor gibt dem Uhrmacher zu essen und läßt sich die Kosten dafür aus der Kasse erstatten. Es werden jedes Jahr kleinere Reparaturen durchgeführt. 1698 verzeichnet er 155 Taler für Bauarbeiten am Kirchturm bis zur Spitze einschließlich Kosten für Einrüstung und acht und eine Viertel Tonne Bier. Das Bier kostet pro Tonne ein Taler 20 Groschen, das sind allein an Kosten für Bier 15 Taler und 4 Groschen. Der Pastor kennt auch schon die Kostenbeteiligung.


1696 schreibt er der Gemeinde zwecks anteiliger Kostenübernahme der Fuhrkosten:

"Die Gemeinde soll den angefahrenen Kalk mit zwei Taler 18 Groschen bezahlen oder verzinsen".

Er zahlt einem Zimmergesellen 3 Groschen pro Arbeitstag, einem Zimmermann 4 Groschen, aber dem Zimmermeister Arend Schulz aus Buchwitz 8 Groschen pro Tag.

In Buchwitz läßt er die gesamte Inneneinrichtung der Kirche mit Ausnahme der Kanzel zwischen 1692 und 1701 erneuern. Er verzeichnet in den zehn Jahren etwa 60 Taler Kosten, darin sind auch die Arbeiten am Turm und der Kirche enthalten sowie 6 Taler für ein neues Altarbild aus Gardelegen.


Für die Kirche in Mahlsdorf gibt 1691 bis 1695 70 Taler aus. Der größte Posten dabei sind zweitausend Biberschwänze für 10 Taler 20 Groschen.

Die Kasse der Klauskirche verzeichnet 1691 27 Taler Baukosten, dabei wird auch die Tür beschlagen.

1701 enden die Aufzeichnungen des Pastors Nikolaus Seidel.

Die Aufzeichnungen seiner Nachfolger sind lange nicht so umfangreich und sorgfältig. Daß er mehr Beziehungen zum 34 km entfernten Gardelegen hatte als nach dem 6 km entfernten Sa1zwede1, ist damit zu erklären, daß er aus Gardelegen stammte; ob er auch dort geboren wurde, ist nicht bekannt.

Der Nachfolger von Nikolaus Seidel schreibt im Kirchenbuch der Pfarrgemeinde Stappenbeck unter dem Datum 9. April 1703:

"Ostertag zwischen ein und zwei Uhr ist dem weyland wohlerwürdigen und wohlgeborenen hl. Nikolaus Seidel 22-jährigen Prediger allhier nach halbjährigem Krankenlager eines schmerzlichen doch seeligen Todeß gestorben" ... " und ist am 19. April am Donnerstag nach Quasimodog(eniti) beerdigt."



Quellen

- Kassenbuch des Pfarramtes Stappenbeck 1684 bis 1730

- Landesarchiv Magdeburg - LHA (Außenst. Wernigerode): Rep. C 20 V Buchwitz.

Nr. 3 (Separationssache Buchwitz)

- Landesarchiv Magdeburg - LHA (Außenst. Wernigerode): Rep. H Beetzendorf I,

A III b Nr. 485 und Nr. 486 (Akten zur Küsterei Stappenbeck / Buchwitz)

- Mündlich überlieferte Sagen der Gemeinde Stappenbeck u. Buchwitz


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