Die Feldsteinkirche in Schwiesau

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Von Johannes Schwarz, Schwiesau im Januar 2001
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Ruhig, wehrhaft und bescheiden schaut die Kirche in das Land



Schwiesau. Als Albrecht der Bär die Mark Brandenburg erobert hatte, gebot er 1135 den allgemeinen Landfrieden. Dieser bewirkte leidlichen Wohlstand und nicht allzu schwere äußere Not. Das war die Zeit der steinerner Kirchenbauten, die die gewiß schon vorhandenen hölzernen Kirchen ablösten. Aus christlichem Sinn wollten unsere Vorfahren zur Ehre Gottes und zum Heil ihrer Seelen das Haus des Herrn auf Dauer bessern.
Unsere Feldsteinkirche ist nicht so stattlich, wie wir sie woanders finden. Sie ist eine schlichte, fast schmucklose Bauernkirche ohne Epitaphe adliger Herren, ohne Symbole weltlicher Macht, etwa 25 m lang und 12 m breit. Sie trägt die Merkmale romanischer Formen und ist dreiteilig. Auf rechteckigem Grundriß steht ein aus Feldsteinen erbautes einfaches Langhaus mit schmalerem Chorraum. Das Langhaus wird durch einen Feldsteinturm, einen Querturm, im Westen abgeschlossen.
Eine vierzehnfeldrige dunkle Holzbalkendecke überspannt in 5,60 m Höhe Langhaus und Altarrum. Vier Fenster sind an jeder Längsseite. Diese Fenster haben jetztige Größe erst im 18. Jahrhundert erhalten, als die Gemeinde Lesen und Schreiben gelernt hatte und Licht brauchte für den Gebrauch der Gesangbücher und der Bibel und als die Kirche ihre Bedeutung als Wehr- und Schutzraum verloren hatte. In dieser Zeit ist wohl auch der Haupteingang beim letzten Fenster zum Turm hin zugemauert worden. Der Turm bekam eine Pforte, die er als Wehrkirche nicht haben durfte. Die Priesterpforte wurde zum Eingang für alle. Eine Stufe trennt den Altarraum vom Kirchenschiff. Sie trennte früher viel stärker als heute die gläubigen Laien vom Pfarrer und vom Altar. Die 17 m hohe Turm, und das ist die Besonderheit der Schwiesauer Kirche, ist schmaler als das Langhaus. Er ist längst nicht so wuchtig wie zum Beispiel in Kakerbeck und Estedt. Die Eingangstür der Kirche befindet sich in der Südwand des 1,15 m starken Gemäuers. Die Mauer des Altarraumes sind durch Stützpfeiler nach Norden und Süden hin verstärkt ebenso wie der Turm. Seine hohen Stützpfeiler sind nach Westen gerichtet. Der Feldsteinturm verjüngt sich nach oben.
Die Stützpfeiler an beiden Seiten des Altarraumes sind aus Backsteinen. Sie sind also später angebaut worden. Es ist wahrscheinlich, daß unsere Kirche ursprünglich eine Apsis hatte, also vierteilig war. Die Apsis wird durch einen der vielen Brände im Dorf zerstört worden sein und konnte nicht wieder aufgebaut werden. Durch der Wegfall der Apsis entstanden Schubkräfte, die die Stützpfeiler dann abfingen. Der offenen Rundbogen nach Osten hin wurde zugemauert. Dieser Bogen hinter dem Altar ist noch zu erkennen. Zu erkennen ist auch, daß der Altarraum einst niedriger war, als auch ein nicht so hohes Dach wie das Langhaus hatte. Das alte Dach des Langhauses reichte einst höher zum Turm herauf als heute. Die Schwiesauer Kirche mag einst der St. Paulskirche in Seehausen in der Börde ähnlich gewesen sein, die 1148 erstmals erwähnt wird und der Kirche in Mahlsdorf bei Salzwedel. Mahlsdorf gehörte wie Schwiesau zur Zeit des Kirchenbaus zum Bistum Verden.
Der Altarraum hat zur aufgehenden Sonne ein kleines Rundbogenfenster - ein Osterfenster vielleicht, das erst 1981 freigelegt und farbig von Frau Arndt aus Klötze verglast wurde nach Vorstellungen von Herrn und Frau Wollner. Der Rundbogen ist wie die unteren Fenster im Turm aus Feldsteinen gemauert. Das war eine schwierige Arbeit, die das Können der Bauleute herausforderte. Die Schallfenster des Turmes sind mit uralten Backsteien umrahmt. Der obere Teil des Turmes ist wohl nach 1150 gebaut worden. Diese Jahreszahl steht für die Einführung der Ziegelbaukunst durch niederländische Kolonisten fest.
Beim Kirchenbau bagann man mit dem Altarraum. Es folgte das Langhaus. Der Turm war der letzte Bauabschnitt. Ein solcher Bau aus Feldsteinen hat sicher viele Jahre gedauert. Hatten sich zur Zeit des Turmbaus die guten Verhältnisse, die unter Albrecht dem Bären herrschten, bereits ungünstig verändert ?
Die Kirche ist fast ohne Schmuck. Auf dem Altar steht ein uraltes geschnitztes Kruzifix. Es ist der älteste von Menschenhand geschaffene Gegenstand in Schwiesau und stammt ganz sicher aus vorreformatischer Zeit. Es hat zu Häupten, an den Händen und an den Füßen des Gekreuzigten erweiterte quadratische Felder, in denen man in Kreisen die Sinnbilder der vier Evangelisten noch schwach zu erkennen glaubt: für Matthäus den Engel, für Markus den Löwen, für Lukas den Stier und für Johannes den Adler. Rechts neben dem Altar steht ein Taufstein.
Das alte Kruzifix ist erst 1963 nach einer Restaurierung in der Werkstatt von Herrn Benz aus Jävenitz Altarkreuz geworden. Vorher hing es über der hohen klassischen Kanzel aus dem 19. Jahrhundert hinter dem Altar an der Wand. Diese Kanzel wurde 1963 abgebaut. Die jetztige Kanzel baute die Tischlerei Wachholz aus Gardelegen, den Sockel mauerte Martin Pfennigsdorf aus Schwiesau. 1983 war die letzte Renovierung der Kirche.
Der Raum unter der Orgelempore wurde in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts zum provisorischen Gemeinde- und Unterrichtsraum ausgebaut, als die Kirche nicht mehr die Schule für den Religionsunterricht zur Verfügung stand.
Das dunkle Gestühl stammt aus der Kirche in Oebisfelde/Kaltendorf und ersetzt seit 1984 die alten hellen Bänke, die wurmstichig und kaum mehr zu benutzen waren.
Recht spät, erst Ende des 19. Jahrhunderts, hat die Kirche eine Orgel erhalten, die der Orgelbauer E. Erdmann aus Neuhaldensleben erbaut hat.
In der Bestallungsurkunde für den Lehrer Johann Heinrich Winter vom 7. Januar 1869 heißt es: "Er hat die Nummern der zu singenden Lieder an die Tafel zu schreiben, den Gesang und die liturgischen Chöre zu leiten, letztere auch einzuüben." Das Orgelspielen wird nicht erwähnt. Auf der Brüstung der Empore ist noch ein kleines Pult zu sehen. Von dort stimmte der Lehrer, der ja zuerst Küster und an zweiter Stelle Schullehrer war, die Lieder an.
Kirchenglocken haben ihre eigene Geschichte. In Kriegen wurden aus ihnen Waffen und Munition hergestellt. Die neuen Schwiesauer Glocken sind aus Bronze und wurden von der Glockengießerei Schilling in Apolda gegossen. Ihre Einweihung fand am 21.02.1965 statt. Auf der größeren Glocke steht: Herr, lehre uns beten", auf der kleineren: "Dein Reich komme".

Kirchenführungen bitte anmelden bei: Erika Hirte - Schwiesau, Klötzer Str. 15, Tel.:039085-384

An dieser Stelle möchte ich alle Besucher dieser Seiten ansprechen, die wie ich in unserer Kirche ein einzigartiges Architekturdenkmal sehen. Dieses schöne Bauwerk, welches mit einer enormen Bauleistung durch unsere Vorfahren geschaffen wurde, sollte unbedingt auch den nachfolgenden Generationen erhalten bleiben. Viele Feldsteinkirchen der Altmark befinden sich in akuter Baunot. Damit diese Bauwerke eine Zukunft haben, sollte man sie nicht ausschließlich mit Glauben und Religion in Verbindung bringen.
Dieses Denkmal steckt voller Geschichte und bereichert so auf besondere Weise unser Dorfleben. Die Einbeziehung in Geschichtsvorträgen und Führungen, wie es ja schon in den Großstädten praktiziert wird, würde es noch stärker in das kulturelle Leben aller Bürger rücken lassen.
Wenn Sie mit mir diese Meinung teilen, oder sich auch weiter traditionell dieses Bauwerk erschließen, so lassen Sie sich bitte in der Doppelwirkung einer kleinen Spende als Besucher zählen.

Dieses können Sie tun - in einer Form, wie es nur das Internet bietet - mit Internet-Banking. An Stelle eines Software-Zählers, auf den ich hier bewußt verzichtet habe, zahlen Sie bitte symbolisch Einen Euro auf das Konto der evangelischen Kirchengemeinde zu Schwiesau ein.
Kontonummer: 40........ BLZ:81055555 Sparkasse Altmark West.
Wichtig ! - Geben Sie bitte im Betreff das Stichwort "Internet-Schwiesau" an.
Vielen Dank

Diese Seiten wurden von mir im Mai 2002 erstellt. Soweit der Text nicht von mir stammt, erfolgt der Abdruck mit ausdrücklicher Genehmigung der genannten Autoren, Vereine und Institutionen. Andreas Schwieger, Apenburg

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Der schlichte Innenraum der Schwiesauer Kirche
Die Geschichte des Dorfes Schwiesau - v. Johannes Schwarz

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