"Das Wässerlein heißt heute nur der ‚Bach‘ oder vielmehr die ‚Beke‘ und trägt auf den ältesten Flurkarten und in dem Gedächtnis der ältesten Leute keine andere Bezeichnung." (Wilhelm Raabe)

Die Bodenfläche der Gemeinde Schwiesau und ihrer Umgebung ist von den Gletschern der letzten Eiszeit gebildet worden. Sie ist kein sehr fruchtbares Land. Daher kommt es, daß vor allem die höher gelegenen Gebiete, die Hellberge und die Klötzer Berge, zwischen denen Schwiesau im Tal der Beke liegt, mit Wald bedeckt sind.

Wir leben in der Waldecke der Altmark. Nirgendwo ist der Waldbestand so groß wie um Letzlingen und bei uns. Der Wald ist von eigenartiger heimatlicher Schönheit mit seinen Kiefern, Fichten und Lärchen, mit seinen Buchen, Eichen und Birken. Heidelbeeren und Pilze locken in den Wald. Große Flächen sind mit Adlerfarnen bedeckt. Auf Kahlschlägen leuchten Fingerhut und Weidenröschen, auf den Lichtungen und an den Waldrändern blüht und glüht im Spätsommer das Heidekraut.

Früher war der Wald viel mehr als heute ein gut Stück des täglichen Brotes. Er gab auch vielen Schwiesauern Arbeit im Sommer und im Winter. Er gab Holz zum Bauen, zum Kochen, zum Brotbacken und zum Heizen. Er gab Streu für das Vieh. Und Wildbret gab er natürlich, das noch heute die Jäger nicht nur aus Schwiesau wie eine Geliebte lockt.

Zwischen den Endmoränen, den Hellbergen, die mit über 160 Metern einen der höchsten Höhenzüge in der norddeutschen Tiefebene bilden (sie werden nur vom 169 m hohen Wilseder Berg in der Lüneburger Heide überragt) und den Klötzer Bergen entspringt die Schwiesauer Beke. Aus Feldern hinter dem Dorf fließt sie durch die Wiesen (in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts unschön begradigt und tiefer gelegt), die sie bewässert und fruchtbar macht und tritt dann durch ein großes grünes Tor in die Wildbahn, die Parisius das schönste Gebiet der Altmark nannte. Sie bildet das Jemmeritzer Moor, bevor sie nach Kakerbeck enteilt, dem sie den Dorfnamen schenkt (Kaker von queck, quick = lebendig, flink, Beck, Beke = der Bach) und von dort an selbst einen anderen Namen trägt.

 

In friedlichen Zeiten brachten Heerstraßen Arbeit, im Krieg waren sie verheerend.

er Wald prägt die Geschichte unsrer Heimat. Große Waldgebiete waren immer auch Grenzgebiete, als der Mensch noch keine Werkzeuge hatte, solchen Urwald zu roden. Waldgebiete, Grenzgebiete, sind immer dünn besiedelt gewesen. Das ist auch heute noch so. Breitenfelder und Zichtauer sind unsere nahen Nachbarn. Die anderen, die Klötzer, Kakerbecker, Estedter und Berger, wohnen weit ab jenseits der Berge und hinter den Tannen und waren früher nicht leicht zu erreichen.

Durch Schwiesau fuhr nie eine Eisenbahn. Die nächste Bundesstraße, die B 71, liegt rund 6 km entfernt. Eine alte Handelsstraße, eine Nebenstraße, aber gab es. Sie führte von Berge über die Hellberge (Schwiesauer Stadtweg) durch das Dorf nach Klötze und weiter über Immekath und Brome zur Kornstraße nach Bremen. Zwei stattliche Gasthöfe waren Raststätten für die Fuhrleute und ihre Gespanne. Der Gasthof Steffens war noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Station für die Postkutschen. Daß diese Handelsstraßen zu Heerstraßen wurden, liegt am 30 jährigen Krieg. Da waren sie oft verheerend für Städte und Dörfer, durch die sie führten. In friedlichen Zeiten aber brachten sie Arbeit für Schmiede und Stellmacher und auch zusätzlichen Verdienst für die Bauern, die auf den schlechten, tief ausgefahrenen Feld- und Waldwegen Vorspanndienste leisteten.

Und Klötze mit Trippigleben, Lockstedt, Kakerbeck, Kusey, Röwitz und dem halben Dorf Breitenfeld waren Ausland, waren seit 1320 eine Exklave des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg. Erst nach dem Wiener Kongress kam das Amt Klötze im Jahr 1815 widerwillig zu Preußen. Die Klötzer wollten bei Hannover bleiben, das durch sein Fürstenhaus so eng mit England verbunden war.

Es soll an dieser Grenze Schmuggler aus Breitenfeld und Schwiesau gegeben haben, die an den Zollstationen vorbei vor allem mit dem früher recht teuren Salz aus Lüneburg gehandelt haben. Der große Wald mit den einsamen Waldwegen war geeignet dafür.

 

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