Chronik von Schwiesau

"Soli deo gloria Friedericus Borussorum rex" Alte Glockenumschrift.

Dem Soldatenkönig folgt 1740 sein Sohn Friedrich II. Er schafft die Folter ab und verwirk-licht die religiöse Toleranz. Er führt den ersten schlesischen Krieg von 1740 bis 42, den zweiten 1745 bis 1746 und den Siebenjährigen Krieg von 1756 bis 1763, Die Söhne der Altmark kämpfen mit. Nach dem Frieden von Hubertusburg ist Preußen Großmacht und Friedrich II. ist Friedrich der Große. Doch Brandenburg-Preußen ist im 18. Jahrhundert immer noch das ärmste Land unter den großen Ländern Europas.

Friedrich der Große wußte das. In seinem Testament von 1768 schreibt der König über Brandenburg-Preußen:

"Der Dreißigjährige Krieg hatte es zum Teil verwüstet. Die ganze Regierung des Großen Kurfürsten, meines Großvaters und meines Vaters hat nicht hingereicht, um jene Verwü-stungen wieder gutzumachen. Ich war Zeuge einer fast gleichen Zerstörung. ...... aber ich bin in die Bresche gesprungen und habe mit Aufbietung aller Kräfte alles wiederhergestellt."

Magdeburg und die Altmark werden vom Siebenjährigen Krieg direkt kaum berührt, aber sie geben 10 000 Taler für das von den Russen ausgeplünderte Pommern, und nach der Schlacht von Kolin, die Friedrich II. 1757 gegen Österreich verloren hat, stellen sie 4000 Pferde für die Kavalerie zur Verfügung. Daran sind alle Dörfer beteiligt. Das tuen die Bauern ohne Murren, denn sie verehren ihren König. Auf einer Schwiesauer Kirchenglocke, die um 1880 schadhaft geworden war und umgegossen werden mußte, hat die Inschrift gestanden: Soli deo gloria. Friedericus Borussorum rex Anno 1784. (Gott allein sei Ehre. Friedrich, König von Preußen. Im Jahre 1784). Magdeburg und die Altmark waren in diesem Krieg "der Zufluchtsort der königlichen Familie und der letzte Rückhalt des Staates." (Friedrich der Große 1768)

20 Jahre nach des großen Königs Tod Preußens tiefer Fall: Die Franzosen siegen bei Jena und Auerstedt. Die Festung Magdeburg ergibt sich kampflos. Die Königin Luise kommt am 16. Oktober 1806 durch Gardelegen und flieht nach Ostpreußen. Die Altmark gehört nun mit dem Hannoverschen Amt Klötze zum Departemant Elbe des Königreichs Westfalen. Die Bauern werden ihre Frondienste los. Die Franzosen verlangen aber viel schwerere Abgaben, und die Söhne der Altmark haben unter Napoleon zu dienen und die Marseillaise zu lernen. Und sie ziehen ein erstes Mal nach Rußland.

1813 ziehen Napoleons geschlagene Truppen auf den Heerstraßen in Richtung Westen. Schwiesau hat wie Klötze unter Einquartierung, Raub und Plünderung zu leiden. Der Gastwirt Cyrenius bewahrt unter Einsatz seines Lebens seine beiden schmucken Töchter vor der Vergewaltigung durch französische Soldaten und kann sich ihrer Rache entziehen.

Russische Regimenter, Kosaken, vertreiben die Franzosen aus Gardelegen und Klötze und kommen dabei auch durch Schwiesau. Ein erstes, kurzes Kennenlernen. Das zweite, 132 Jahre später, sollte wesentlich länger dauern. Und die Schwiesauer pflanzen eine Eiche vor der alten Schule in der Nähe der Kirche zur Erinnerung an die Befreiungskriege. Auch ihr National-bewußtsein ist erwacht. Diese Eiche steht nicht mehr. Ein Orkan fällte sie am 13. November 1973.

Vier Eichen setzen sie nach der Gründung des zweiten Kaiserreiches 1871 um ein kleines, recht schmuckes Denkmal am Dorfplatz mit dem Schinkelschen Eisernen Kreuz auf der Spitze, das an Preußens siegreiche Kriege 1864 gegen Dänemark, 1866 gegen Österreich und 1870/71 gegen Frankreich erinnert, an denen auch Söhne des Dorfes teilgenommen haben. Über die preußischen Soldaten dieser Zeit schreibt Bismarck an seine Frau: "Jeder so mutig, so ruhig, so folgsam und gesittet, mit leerem Magen, nassen Kleidern, nassem Lager, wenig Schlaf, freundlich gegen alle, kein Plündern, kein Sengen. Sie bezahlen, was sie können und essen verschimmeltes Brot. Es muß ein tiefer Fond von Gottesfurcht im gemeinen Mann sein." Wir sollten Bismarck das glauben. Auch Fontane, damals Kriegsberichterstatter, hat es so erlebt.

 

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