Die Feldsteinkirche von Klein Engersen

(Zur großen Bildergalerie am unteren Seitenende)

Von Paul Meitz, Binde im Februar 1998
(zur Vergrößerung die Bilder bitte anklicken)

Klein Engersener halten in ihrer Feldsteinkirche die Historie lebendig / Bauernfahne und Urkunde aufbewahrt


In der Kirche wird an preußische Geschichte erinnert



Klein Engersen. Schlicht und bescheiden präsentiert sich die im 12. Jahrhundert als Wehrkirche errichtete Feldsteinkirche von Klein Engersen ihrem Betrachter. Die großen, Ende des 17. Jahrhunderts eingebauten Fenster haben ihr das wehrhafte Aussehen genommen. Auch der aufgesetzte Ziegelturm entstand im Baustil jener Zeit. Der Geruch von frischer Farbe, das untrügliche Merkmal einer Renoovierung, läßt den Wunsch nach einem Blick in das Innere der Kirche aufkommen.
Gelingt dies, so ist die Überraschung perfekt. Kaum öffnet sich die Tür, fällt der Blick auf einen, die ganze Wand des Chorraumes ainnehmenden Kanzelaltar. Seine Säulen und sein Giebeldach weisen darauf hin, daß er im Stil der Renaissance errichtet wurde.
Die Renaissance, auf gut deutsch die Wiedergeburt, begann im 14. Jahrhundert in Italien. Über Frankreich gelangte sie schließlich auch nach Deutschland. Die Renaissance verschmolz das künstlerische Formgut der Antike mit den Schöngeistidealen jener Zeit. Da sich dieser Baustil in Deutschlad bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts hielt, ist das Entstehungsjahr des Kanzelaltars heute auch nicht mehr feststellbar.
Erst auf den zweiten Blick entdeckt man die Bauernfahne neben der Kanzel. Eine Urkunde an der Wand gibt darüber Auskunft.

Sie lautet:

Zur Nachricht diene, daß gegenwärtige Fahne vom Jahre 1675 zum heutigen Tage auf dem Ackerhofe Nummer 1 allhier, welcher bis daher zugleich der Lehnschulzenhof gewesen, aufbewahret wurden ist. Am heutigen Tage, wo das 50jährige Jubiläum der Erhebung des Preußischen Volkes im Jahre 1813 gefeiert wurde, wurde dieselbe von der jetzigen Besitzerin obengedachten Ackerhofes, der verwitweten Schulze Anna Elisabeth geb. Garz, bereitwillig der Gemeinde überlassen, um bei dem Aufzuge gebraucht zu werden, der vor den alten Kriegern aus Jahren 1813 bis 1815 von den Landwehrmännern gehalten wurde. Sie wurde jedoch von diesem Tage an nicht wieder an ihren früheren Aufbewahrungsort zurückgebracht, sondern in der Kirche aufgehangen, zum Erinnerungszeichen für jedermann, wie das Preußische Volk von jeher seinem Fürsten mit Gut und Blut zu dienen bereit war.

Klein Engersen, den 17.März 1863

Der Schulze Berlin
Der Schöppe Weber
Der Schöppe Chrph. Schulze

Altmärker bewaffneten sich im Jahr 1675

Schon kreisen die Gedanken um die Jahreszahlen. Die Bauernfahne entstand im Jahre 1675, als sich die Altmärker bewaffneten, um den Einfall der Schweden in ihre Heimat zu verhindern. Die Fahne ist neben der in der Dannefelder das zweite noch vorhandene Exemplar.
Im Jahre 1813 erhob sich das Preußische Volk gegen Napoleon. In inem Aufruf: " An mein Volk" hatte König Friedrich Wilhelm III. seine Untertanen zum Freiheitskrieg ermutigt. Die Kriegserklärung des relativ kleine Preußens an Napoleon läßt sich nur mit dem neu entflammten Freiheitswillen und nationalem Selbstbewußtsein der Bevölkerung erklären. Männer, wie der Freiher von Stein, Fürst von Hardenberg und der Philosoph Fichte mit seiner berühmten "Rede an die deutsche Nation", hatten dazu beigetragen.Scharnhorst und Gneisenau schufen mit ihren Militärreformen die taktischen Voraussetzungen für den Freiheitskrieg, der mit einem Sieg über Napoleon endete.
Warum aber der kleine Ort Klein Engersen in seiner alten Feldsteinkirche diesen Daten der preußischen Geschichte eine Erinnerugsstätte schuf, wird wohl immer ein Rätsel bleiben.


An dieser Stelle möchte ich alle Besucher dieser Seiten ansprechen, die wie ich in unserer Kirche ein einzigartiges Architekturdenkmal sehen. Dieses schöne Bauwerk, welches mit einer enormen Bauleistung durch unsere Vorfahren geschaffen wurde, sollte unbedingt auch den nachfolgenden Generationen erhalten bleiben. Viele Feldsteinkirchen der Altmark befinden sich in akuter Baunot. Damit diese Bauwerke eine Zukunft haben, sollte man sie nicht ausschließlich mit Glauben und Religion in Verbindung bringen.
Dieses Denkmal steckt voller Geschichte und bereichert so auf besondere Weise unser Dorfleben. Die Einbeziehung in Geschichtsvorträgen und Führungen, wie es ja schon in den Großstädten praktiziert wird, würde es noch stärker in das kulturelle Leben aller Bürger rücken lassen.


Diese Seiten wurden von mir im Juni 2008 erstellt. Soweit der Text nicht von mir stammt, erfolgt der Abdruck mit ausdrücklicher Genehmigung der genannten Autoren, Vereine und Institutionen. Andreas Schwieger, Apenburg

Hier geht es weiter zum Rundgang um die Kirche , hier sehen Sie Baudetails von der Kirche


Fotos vom Innenraum der Klein-Engersener Feldsteinkirche (noch nicht fertig)

Zurück zur Zentralseite