Die Feldsteinkirche von Kassuhn
Von Paul Meitz, Binde im Februar 1997
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Kaiser Otto I. schenkte die slawische Siedlung "cazina" 956 der Abtei Quedlinburg/Kassuhner Kirche erst später gebaut
Taufstein und Winterkirche lassen Gedanken wandern
Kassuhn. Als Kaiser Otto I. die slawische Siedlung Kassuhn, die damals noch die wendische
Bezeichnung cazina trug, nebst fünf anderen Dörfern der Mark Lipani der Abtei Quedlinburg
schenkte, waren seit der Christianisierung der Altmark schon mehr als 100 Jahre vergangen.
Ob der Ort im Schenkungsjahr schon eine Kirche besaß, ist nicht mehr festzustellen. Die ersten
Missionskirchen waren alle aus Holz errichtet. Ein vergänglicher Baustoff, der nur selten
Spuren hinterläßt.
Auch das Entstehungsdatum der heutigen, erst als Wehrkirche errichteten Feldsteinkirche,
befindet sich noch im Dunkeln. Es dürfte, nach der Bauart zu urteilen, aber in der Mitte des
13. Jahrhunderts liegen. Der schmucke Fachwerkturm ist dagegen jüngeren Datums. Er wurde erst
im 17. Jahrhundert neu aufgesetzt.
Betritt man die Kirche ,so fällt der erste Blick unweigerlich auf den ungewöhnlich großen
Taufstein. In schlichter Form gemauert und verputzt, nimmt er eine große Fläche des mittleren
Kirchenraumes ein. Neugierig geworden, erfährt man von der Kirchenältesten Emma Müller, daß
es sich um einen seltenen Ganztaufstein handelt, für heutige Kirchen schon mehr eine Rarität.
Das Untertauchen eines Täuflings wid heute in den beiden großen Kirchen nicht mehr angewandt.
Einzelne Religionsgruppen, so zum Beispiel die Baptisten, üben diesen Taufakt aber noch immer
aus.
Gotteshaus kann beheizt werden
Nach der Reformation wurde in den evangelischen Kirchen noch eifrig getaucht. Liest man die
ersten Taufbücher, die Martin Luther zur Vereinheitlichung des Taufaktes im Jahre 1523
geschrieben hat, so klingt darin für heutige Verhältnisse doch vieles befremdend. Ein Ausschnitt
daraus: Der Tufende bläst dem Kind dreimal unter die Augen und spricht: "Fahre aus, du unreiner
Geist." Dazu macht er das Kreuzzeichen an Stirn und Brust. Dann legt er ihm das Salz der Weisheit
in den Mund, breitet die Hand über das Haupt und betet das Vaterunser. Anschließend nimmt er
Speichel an den Finger und berührt damit Nase und Ohren. Darrauf salbt er das Kind mit heiligem
Öl und taucht es anschließend in das Wasser des Taufbeckens. Zum Schluß wird dem Täufling eine
weiße Haube, als das unbefleckte Kleid erlangter Unschuld, aufgesetzt und die Kerze der
Erleutung in die Hand gegeben.
Vom rustikalen Chorgestühl und dem stattlichen Altar wandert der Blick in den hinteren Teil
der Kirche. Große Glasscheiben trennen dort einen separaten Raum von der Kirche ab. Ein
tafelförmiger Tisch, umrahmt von Stülen, sind die beherrschende Einrichtung. Es handelt sich
hier um eine in wenigen Kirchen anzutreffenden Winterkirche. Einen Raum, der sich im Gegensatz
zur Kirche beheizen läßt und somit den winterlichen Kirchgang erträglicher gestaltet.
Ein Spruch, der nachdenklich stimmt, ziert die sonst schlichte Wand dieser Kirche in der Kirche.
Er lautet: " Armut schafft Demut; Demut schafft Fleiß; Fleiß schafft Reichtum; Reichtum schafft
Übermut; Übermut schafft Krieg; Krieg schafft Armut."
An dieser Stelle möchte ich alle Besucher dieser Seiten ansprechen, die wie ich in unserer
Kirche ein einzigartiges Architekturdenkmal sehen. Dieses schöne Bauwerk, welches mit einer
enormen Bauleistung durch unsere Vorfahren geschaffen wurde, sollte unbedingt auch den
nachfolgenden Generationen erhalten bleiben.
Viele Feldsteinkirchen der Altmark befinden sich in akuter Baunot. Damit diese Bauwerke eine
Zukunft haben, sollte man sie nicht ausschließlich mit Glauben und Religion in Verbindung
bringen.
Dieses Denkmal steckt voller Geschichte und bereichert so auf besondere Weise unser Dorfleben.
Die Einbeziehung in Geschichtsvorträgen und Führungen, wie es ja schon in den Großstädten
praktiziert wird, würde es noch stärker in das kulturelle Leben aller Bürger rücken lassen.
Diese Seiten wurden von mir im Juli 2002 erstellt. Soweit der Text
nicht von mir stammt, erfolgt der Abdruck mit ausdrücklicher
Genehmigung der genannten Autoren, Vereine und Institutionen.
Andreas Schwieger, Apenburg>