Die Feldsteinkirche von Groß Chüden

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Von Paul Meitz, Binde im Januar 1997
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Chüdener Wehrkirche beschützt die Mondsichelmadonna / Fensterlöcher erst später aus der Mauer gebrochen

Altarschrein mit 16 Heiligen steckt voller Rätsel


Groß Chüden. Die großen Fenster der Chüdener Feldsteinkirche, die erst in späteren Jahren hersusgebrochen wurden, erwecken heute den Eindruck, als wäre dieses Bauwerk nicht als Wehrkirche errichtet worden. Doch wie die meisten Kirchen der Altmark entstand auch sie zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert. Der asymetrisch vorgesetzte Turm, dessen rund zwei Meter über den Erdboden liegender kleiner Einstieg noch heute seine einstige wehrhafte Bedeutung offenbart, entstand aber erst im 15. Jahrhundert. Aus dieser Zeit stammt auch der Schnitzaltar, auf den beim Betreten der Kirche sofort der Blick fällt. Im Schrein dieses spätgotischen Altars befindet sich eine Madonna, umgeben von einem Strahlenkranz und auf einer Mondsichel stehend. Als Mondsichelmadonna fand dieses Motiv seinen Einzug in die wichtigsten Typen der Madonnendarstellungen.
Nach den fünf Motiven (die stehende Gottesmutter mit dem Kind vor der Brust; das Halbfigurenbild der Madonna, die das Kind an die Wange drückt; die thronende Maria, mit dem Kind auf dem Schoß; die stehenden Gottesmutter mit dem segnenden Kind auf dem Arm), die bis zum 12. Jahrhundert die Madonnendarstellungen beherrschten, erschien im 13. Jahrhundert ein neues Motiv, die Schutzmantelmadonna. Ihr folgte im 14. Jahrhundert die auch in Chüden zu bewundernde Mondsichelmadonna.
Die Madonna im Rosenhag (der als Sinnbild für ihre Jungfräulichkeit gilt) folgte. Später im Barock wurde dann die die meist von Wolken getragene "Immaculta" dargestellt.
16 Heilige, in zwei Reihen übereinander und wie die Madonna selbst unter kunstvoll geschnitzten Baldachinen stehend, vervollständigen das Bild des Chüdener Schnitzaltars.
In der Pedrella (dem Sockel des Altaraufsatzes) entdeckt man Maria mit Kind und Josef sowie die Heiligen Drei Könige. Wie Pastor i.R. Martin Seifert erläuterte, sind die Namen der 16 Heiligen bis heute noch nicht alle bekannt. Selbst ein Restaurator aus Magdeburg, der sich während seiner Amtszeit des Kunstwerkes annahm, konnte da nicht helfen. Zu viele von ihnen haben die Gewänder des 15. Jahrhunderts, der Entstehungszeit des Altras, erhalten. Für Kirchnehistoriker bietet sich damit noch ein reiches Betätigungsfeld.
Über dem Altarschrein befindet sich ein großes, hölzernes Kruzifix aus dem 16. Jahrhundert. Altarschrein und Kruzifix entstammen wahrscheinlich einer Salzwedeler Werkstatt. Ihr Name, wie auch die Namen der Künstler, sind nicht überliefert. Die somit Namenlosen haben aber mit dem Chüdener Schnitzaltar ein Kunstwerk geschaffen, das sehenswert ist.


An dieser Stelle möchte ich alle Besucher dieser Seiten ansprechen, die wie ich in unserer Kirche ein einzigartiges Architekturdenkmal sehen. Dieses schöne Bauwerk, welches mit einer enormen Bauleistung durch unsere Vorfahren geschaffen wurde, sollte unbedingt auch den nachfolgenden Generationen erhalten bleiben. Viele Feldsteinkirchen der Altmark befinden sich in akuter Baunot. Damit diese Bauwerke eine Zukunft haben, sollte man sie nicht ausschließlich mit Glauben und Religion in Verbindung bringen.
Dieses Denkmal steckt voller Geschichte und bereichert so auf besondere Weise unser Dorfleben. Die Einbeziehung in Geschichtsvorträgen und Führungen, wie es ja schon in den Großstädten praktiziert wird, würde es noch stärker in das kulturelle Leben aller Bürger rücken lassen.

Kirchenführungen bitte anmelden bei: Pastorin Henriette Schulz, Tel.: 03901-471159, Dorfstr. 16, 29416 Groß Chüden


Diese Seiten wurden von mir im Juli 2008 erstellt. Soweit der Text nicht von mir stammt, erfolgt der Abdruck mit ausdrücklicher Genehmigung der genannten Autoren, Vereine und Institutionen. Andreas Schwieger, Apenburg<

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