Wehrtechnische Aspekte an hochmittelalterlichen Kirchen in der Altmark
Der größte Teil der altmarkischen Dorfkirchen entstand in der Zeit
von der Mitte des 12. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts. Die Altmark mit einer
Flache
von nur 4.715 km² weist einen Bestand von etwa 250 spatromanischen Findlings-
und Backsteinbauten auf, die in der sakralen Bautypik erstaunlich
unterschiedlich gegliedert sind. Der alteste Kirchentyp ist die vollstandige
bzw. vierteilige Anlage mit klarer geometrischer Durchbildung der Baukörper,
bestehend aus querrechteckigem Turm,
einschiffigem Langhaus, Altarraum mit halbkreisförmiger Apsis .
Der Turm tritt zum Teil auch
über die Fluchten des Langhauses hinaus (1).
Dem gegenüber steht ein fast genauso haufig vorkommender aber etwas jüngerer
dreiteiliger Typ mit geradem Chorabschluss
(2).
Unter diesem Bautyp sind Anlagen zu unterscheiden mit Westquerturm, rechteckigem
Langhaus und rechteckigem bzw. quadratischem Chor mit geradem
Ostabschluß, daneben Formen wie Langhaus, Chor mit Apsis bzw. geradem
Ostabschluß oder Westquerturm, Langhaus und Apsis. Recht häufig und
bisher wenig beachtet sind auch die zweiteiligen Anlagen mit Westquerturm und
Langhaus, Langhaus und Chor oder Langhaus und Apsis. Ein
verhältnismäßig seltener Bautyp ist die Einraumkirche. Die Eigenständigkeit
romanischer Kirchen in der Altmark setzt sich auch im Aufbau der
querrechteckigen Westtürme fort. So besitzt in der Regel jeder Turm ein
Tonnengewölbe, welches das erste Obergeschoss gegen das Turmerdgeschoss
abschließt (3).
Der überwiegende Teil der altmärkischen Dorfkirchen des 12. und 13.
Jahrhunderts besaß ursprünglich keinen Westeingang und ist
doppelpolig konzipiert (4).
Zum einen ist der eine Pol der Altarraum im Osten und der andere befindet sich
im Westturm, der seine Kürze durch große Höhe kompensiert. In
dieser immer wieder feststellbaren Bipolarität mit dem Allerheiligstem
im Osten und dem eher weltlich beeinflussten Bereich im Westen des von
Ost nach West gestaffelten Baukörpers, wird das Langhaus als Raum der Gemeinde
eingespannt. Der Altarraum mit der separaten Pfarrtür sowie der Sakristei
diente in vorreformatorischer Zeit ausschließlich dem Priester und seinen
liturgischen Handlungen. Wozu der durch einen großen Bogen oder einer
Arkatur zum
Langhaus geöffnete aber sonst in sich abgeschlossene Turmraum oder Turmhalle
gedient hat, läßt sich nicht eindeutig erschließen. Da in vorreformatorischer
Zeit im Westen der Kirche die Taufe stand,(5)
kann davon ausgegangen werden, daß in diesem Bereich
eher weltliche Handlungen vollzogen wurden, wie
z.B. die Taufe,aber auch Trauungen und Sendgerichte können hier ihren Platz
gehabt haben. Mehrere Westquertürme weisen noch weitere tonnengewölbte
Obergeschosse auf. Es handelt sich dabei um ausschließlich nur mit einem
Zugang versehene, wiederum in sich geschlossene Raume, über deren ursprüngliche
Funktion nichts mehr bekannt ist. Der ursprüngliche
Einstieg
über das Gewölbe des Turmuntergeschosses befindet sich in den meisten
Fällen
als Öffnung jeweils entsprechend der Dimensionen in 3 bis 10 m Höhe,
in der Regel an der Südseite weniger von Norden, ganz selten an der Westseite.
Der
Hocheingang wird in der Altmark in der niederdeutschen Mundart als "Luerlock"
(Lauerloch) bezeichnet.(6)
Weitere Varianten über die
Erdgeschosseinwölbung in den Turm zu gelangen, sind solche, die vom Langhaus
als hochgelegene Öffnungen bzw. Türen oder ebenerdig beginnende enge
Mauertreppen angelegt wurden und auch wie bei der Hauptvariante mit Sperrbalkenverschlüssen
von innen gesichert werden konnten. In einigen Fällen
beginnen Mauertreppen sogar im Turmerdgeschoß. Der Zugang zu solch einer
Stiege ist dort aber erst in einigen Meter Höhe vorgegeben. Befinden sich
im
Turm mehrere Geschosse, ist der Aufstieg nur durch weitere in der Mauerstärke
ausgesparte Treppen möglich. Der Kirchturm diente im Mittelalter neben
seiner liturgischen Bestimmung allem Anschein nach auch zur kurzfristigen Zuflucht.
In Zeiten der Gefahr bestand somit die Option, durch den Hocheingang
zu "türmen".
Auswahl einzelner Bauwerke
Dorfkirche von Büste
Die stattliche dreiteilige Anlage besteht aus Westquerturm,
Langhaus auf gleicher Breite und eingezogenem Chor mit geradem Abschluß
.
Im Turm befinden sich zwei Findlings-Quertonnen übereinander. Die Mauerstärken
des Untergeschosses betragen 2,50 - 2,80 m bei einem Außenmaß von
12 x 6,80 m. Der ursprüngliche Turmeinstieg über das Tonnengewölbe
des Erdgeschosses erfolgte in 10 m Höhe an der Südseite. Er gehört
zu einer Gruppe
von Hocheingängen, die hakenförmig ausgeführt sind. Der
3,0 m breite tonnengewölbte Raum
wird mit einem Schlitzfenster an der Nordseite
belichtet und durch ein sauber ausgeführtes Rundbogenportal mit dem Innenraum
zugekehrtem Anschlag und Sperrbalkenverschluß betreten. Innerhalb der
Mauerstärke an der Südseite des Turms führt eine
mehrfach gebrochene Treppe ,
die von Lichtschlitzen flankiert wird, zum nächsten
Obergeschoß. Am Nordwestrand des Dorfes befindet sich der weiträumige
von einer Findlingsmauer umgebene Friedhof, in dessen südlichem Abschnitt
die Kirche steht. Eine kürzlich erfolgte dendrochronologische Beprobung
wiederverwendeter Langhaussparren aus Eschenholz für Kehlbalken im Dachstuhl
des 19. Jahrhunderts, ergaben das Fälldatum 1229d. Der in der Mitte des
19. Jahrhunderts untergegangene, mit größter Wahrscheinlichkeit schon
im hohen
Mittelalter angelegte Gutshof riegelte den Ort nach Westen ab. Somit wird deutlich,
daß Büste zur Zeit des Landesausbaus im 12./13. Jahrhundert nicht
als Straßendorf, wie es heute erscheint, sondern als Sackdorf angelegt
wurde mit Ausrichtung auf den ehemaligen Herrenhof. Für das Jahr 1281 ist
in Büste das Rittergeschlecht v. Beust urkundlich bezeugt. Von dem mittlerweile
völlig versiedelten Gutsgelände ist heute nur noch ein Rest der Parkanlage
am
südwestlichen Ortsrand erhalten. Die überlieferte Fläche des
Herrenhofes reichte im Norden bis an den Friedhof, umschloß sogar den
südlichen und westlichen
Teil davon. Damit befand sich die Kirche ursprünglich in unmittelbarer
Nähe zum Grundherrn. Offensichtlich zeigt sich hier die klassische Symbiose
zwischen
Herrenhof und Kirche für das Gebiet mit überwiegend innerer Kolonisation,
womit der Bau des Hofes ggf. der Burg und der oft daneben liegenden Kirche
nahezu gleichzeitig vorgenommen worden ist. In vielen von mir beobachteten Fällen
befand bzw. befindet sich der Herrenhof südlich oder westlich der Kirche.
Daher scheint mir auch eine Beziehung zum Turmeinstieg aus diesen Richtungen
zu bestehen, natürlich mit der Voraussetzung, daß bei nicht vorhanden
sein,
ein ehem. Herrenhof nachgewiesen werden kann.
Dorfkirche von Rochau
Die überlieferten topographischen Verhältnisse zwischen Dorf, Burg und adligem
Herrenhof und Kirche treten in Rochau
recht deutlich in Erscheinung.. Die von den Dimensionen beeindruckende Kirche
vom vollständigen Typ befindet sich in Ortsmitte des noch im Mittelalter verdoppelten
Straßendorfes inmitten des von einer Feldsteinmauer umgebenen Friedhofs.
Der Friedhof öffnet sich zu jeder Straße durch ein spätgotisches Backsteinportal
und einer Pforte für den Pfarrer. Hinsichtlich der These vom Wehrcharakter des
Westwerks stellt der imposante auf rechteckigem Grundriß fußende
Kirchturm von Rochau, der ab dem Glockengeschoß achteckig ausgebildet ist, das
wohl bedeutendste Beispiel in der Altmark dar. Abb. 8 Die Kirche hatte
ursprünglich kein Westportal. Wie bei vielen anderen romanischen Kirchen in
der Altmark wurde es erst im 19. Jahrhundert hinzugefügt. Gleichzeitig sind
das
Nord- und Südportal, die alten Eingänge des Langhauses, zugesetzt worden. Die
tonnengewölbte Turmhalle war ursprünglich durch zwei rundbogige Arkaden,
von denen die nördliche heute verschlossen ist, mit dem Langhaus verbunden.
Belichtet wird der Raum an den Schmalseiten durch enge Schlitze. Der ehem.
Zugang über die Findlings-Quertonne des Erdgeschosses mit Mauerstärken von 2,25
- 2,35 m bei einem Außenmaß von 11,50 x 7,90 m zu den oberen
Geschossen des Turms, erfolgte über zwei Hocheingänge in etwa 4,0 m Höhe mit
Sperrbalken an der Süd- und Westseite. An der Westseite befand sich der bauzeitliche
Hocheingang, der heute zugesetzt ist. Der südliche Einstieg, heute als Fenster
mit Brüstung umgestaltet, ist nachträglich aus einem Lichtschlitz eingebrochen
worden. Der erhöhte bauzeitliche Turmzugang an der Westseite in das tonnengewölbte
Obergeschoß ist in Verbindung mit einem ehem.
befestigten Herrenhof zu betrachten, der sich im Bereich der unmittelbar südöstlich
vom Friedhof gelegenen Bauernhöfe befunden hat. Es handelt sich hier
zweifellos um den alten Stammsitz des Rittergeschlechts v. Rochow, das seit
1225 erwähnt wird. Auf der Hofstelle Nr. 5 befand sich bis 1860 ein Burghügel
von etwa 3 m Höhe. Der Hügel wurde die Burg genannt und führte nach dem damaligen
Besitzer den Beinamen "Burgjoose".(7)
Im Keller des Bauernhauses
haben sich noch ältere Fundamentreste erhalten. Nördlich neben dem Hocheingang
an der Westseite des Turms sind Eichenbalken in die Wand eingelassen,
von denen einer im Inneren mit einem
kräftigen Holzkeil verzapft ist
.
Wie an mittelalterlichen Wehrtürmen hölzerne An- bzw. Aufbauten vorkommen, so
könnte mit diesem Befund auch hier von einem hölzernen Anbau ausgegangen werden,
vielleicht in Form einer Hurde. Eine durch die
Mauerstärke der südlichen Turmwand führende mehrfach gebrochene Treppe führt
in das achteckige Glockengeschoß. Das gewalmte, komplett erhaltene mittelalterliche
Kehlbalkendachwerk des Turms weist eine Dachneigung von 60° auf und wurde dendrochronologisch
untersucht. Die Eichenhölzer
datieren 1198 +/-10.
Dorfkirche von Kläden
Die Kirche in dem im Landkreis Stendal gelegenen Kläden (8)
gehört dem vollständigen Typ an. Sie befindet sich auf einem
westlich vor dem Gutshof
dorfangerförmig angelegten Platz inmitten des von einer Findlingsmauer umgebenen
Friedhofs. Mit der unmittelbaren Nähe zum adligen Herrenhof ist
auch hier die enge Beziehung zwischen dem Grundherrn und der Kirche im Mittelalter
bezeugt. Eine Schenkungsurkunde von Markgraf Otto I. von
1170 belegt, daß das Bistum Havelberg in Kläden über Untertanen verfügte. Erst
im Jahr 1375, im Landbuch Karls IV., wird die Kirche erwähnt.
Nach dem Ort nennt sich das im Sachsenspiegel aufgeführte edelfreie Geschlecht
fränkischer Herkunft "von Klöden".(9)
Die Kirche besitzt noch binderlose mittelalterliche Dachwerke
über Chor und Langhaus. Im Sommer 1997 fand eine dendrochronologische Untersuchung
statt. Die beprobten Eichen
sind jeweils 1205d und 1209d in der Vegetationsperiode gefällt und noch im gleichen
Jahr saftfrisch verbaut worden. Es kann davon ausgegangen werden,
daß die Errichtung von Chor und Turm 1205 und das Langhaus erst 1209 abgeschlossen
war. Die Kirche zeichnet sich durch die komplette bauzeitliche
Einwölbung mit Findligen aus. Abb. 10 Der Chor ist mit einem kuppelartigen
und das Langhaus mit einem dreijochigen Kreuzgratgewölbe ausgestattet.
Die Apsis besitzt die übliche Halbkuppel. Der Westquerturm mit Mauerstärken
von 3,0 m ragt über die Langhausbreite hinaus und der nur 1,46 m breite
Turmraum ist mit einer Längstonne aus Findlingen überwölbt. Die Kirche besitzt
ein bauzeitliches Westportal. In die Obergeschosse des Turms gelangt man
durch eine Türöffnung ,
die in 3,0 m Höhe an der Südseite des Untergeschosses eingelassen ist. Eine
schmale, mehrfach gebrochene
Treppe führt in der Mauerstärke in das ebenfalls mit einer Findlingstonne gewölbte
Obergeschoß. Von dort führt eine zweite Treppe in gleicher Weise in
das Glockengeschoß. Die untere Türöffnung, die Türöffnung zum gewölbten Obergeschoß
und der Eingang zum Glockengeschoß weisen nach innen gerichtete Türangeln und
Mauerlager für Sperrbalkenverschlüsse auf. Die Obergeschosse sind demzufolge
nur von innen verschließbar gewesen.
St. Leonhardskirche von Groß Möringen
Der Standort der Kirche vom vollständigen Typ in Möringen liegt westlich des
Gutshofes. Ein Ritter Heinrich von Morungen wird 1268 genannt.
An der Südseite von Schiff und Chor befinden sich abgetreppte rundbogige Portale
mit Tympana, Kämpfergesimse und Sockelschräge. Das gesamte Feldsteinmauerwerk
der Kirche ist sehr sorgfältig bearbeitet und lagerhaft geschichtet. Das Turmuntergeschoß
mit Mauerstärken von 4,12 m weist eine
Findlings-Längstonne auf. Mit der Längstonne bildet Möringen eine der wenigen
Ausnahmen bei den romanischen Kirchen der Altmark. Ansonsten ist die
Quertonne vorherrschend. Die Ausrichtung des Gewölbes ist nur als Vorhalle zu
erklären, denn die Kirche besaß ursprünglich ein Westportal, welches
noch im späten Mittelalter zugesetzt wurde. Im Mauerwerk sind die Löcher für
den Sperrbalken erhalten geblieben. Bisher hielt man die rundbogige, in
5,0 m Höhe angelegte Öffnung an der
Südseite des Westquerturms
für den ursprünglichen Hocheingang. Allerdings sind sämtliche
erhöhten Turmeinstiege in der Altmark immer in Ebene zur Fußbodenhöhe des Obergeschosses
angelegt. Der vermeintliche Hocheingang an der Möringer
Kirche mit einer Brüstungshöhe von etwa 1,70 m und Leibungen wie an den übrigen
romanischen Fensteröffnungen, kann daher nur als Belichtung einer
ehemaligen Herrschaftsloge gedacht gewesen sein. Der originale Einstieg in den
Turm, der auch heute noch benutzt wird, erfolgte immer vom Langhaus
in 4,0 m Höhe über der jetzigen Empore.
Die Tür weist zum Turminneren im Mauerwerk Lager für einen Sperrbalkenverriegelung
auf.
Der Durchgang besitzt, wie allgemein an altmärkischen Dorfkirchen des 12. und
13. Jahrhunderts üblich, schwere eichene Sturzbohlen. Auch die bisherige
Annahme, die nachträglich geschlossene Öffnung in der Ostwand des ersten Turmobergeschosses
sei eine Altarnische und daher sollte sich hier eine
separate kapellenartige Einrichtung befunden haben, muss ebenfalls zurückgewiesen
(10)werden.
Die sogenannte Altarnische ist nach genauerer Prüfung
eine bauzeitliche Rundbogenöffnung ,
ein 1,82 m breites Fenster vom Turm zum Langhaus. Abb. 14 Der Befund ist bauarchäologisch
abgesichert und lässt keinen Zweifel daran, daß sich über der eigentümlichen
Längstonne des Turmes eine romanische Herrschaftsloge erhalten hat.(11)
Die Dachwerke und Sturzbohlen aus Eichenholz sind 1995 dendrochronologisch untersucht
worden. Mit der Waldkante von 1171 fällt die Hauptbauphase
der imposanten Saalkirche in die 60er Jahre des 12. Jahrhunderts.
Die Kirche in Häsewig
gehört einer Gruppe von spätromanischen und frühgotischen Dorfkirchen im altmärkischen
Verbreitungsgebiet
an, bei der auf die Errichtung eines Turms verzichtet wurde. An der vom Grundriß
eigentümlich gegliederten Kirche ist der Westgiebel als ehemaliger
Glockenträger in weitgehend unberührter Weise erhalten geblieben. Seiner Konstruktionsart
entsprechend, ist der hölzerne quadratische Dachturm
vermutlich im 15. Jahrhundert errichtet worden. Der querschiffartige Choranbau,
durch den die Kirche zu einer völlig singulären Anlage verändert wurde,
entstand schon bald nach Errichtung der Kirche an Stelle eines eingezogenen
Chores um die Mitte des 13. Jahrhunderts. Der Ort Häsewig wurde 1202
urkundlich erwähnt. Dem Ortsnamen zu Folge handelt es sich wahrscheinlich um
eine frühmittelalterliche Wik-Gründung, deren Bedeutung jedoch bald
wieder verloren ging.(12)
Die Kirche befindet sich in völlig exponierter Lage zu dem
durch weitläufig angelegte Bauernhöfe geprägten Straßendorf mitten auf
einem künstlich erhöhten, annähernd quadratischen Hügel, der als Friedhof genutzt
wird. Direkt südwestlich in Richtung Ortslage ist ein etwa 5,0 m hoher
künstlich erhöhter Burghügel vorgelagert. Der abgerundete Hügel von etwa 30
x 40 m Seitenlänge läßt eher eine mittelalterliche Befestigungsanlage
wahrscheinlich werden, die mit dem Kirchenstandort in engem topographischen
Zusammenhang stand.(13)
Das Langhaus besitzt an der Südseite noch zwei
bauzeitliche Spitzbogentüren, wovon die östliche Tür drei geschmiedete Bänder
aufweist, deren Enden in Vogelköpfen auslaufen. Die Tür hat kein eingebautes
Schloß, sondern wird frühneuzeitlich durch eine geschmiedete Stange und einem
archaischem Vorhängeschloß an einer Strebe der 1800 gebauten
Fachwerkvorhalle befestigt. Wie die bauzeitlichen Lager im Mauerwerk belegen,
konnten die Türen nach innen mit einem Sperrbalken verschlossen werden,
wie heute noch die westlichen Tür
zeigt, von der auch der Turm sowie das Dachgeschoss zugänglich ist.
Nikolaikirche von Berge
In Berge bei Werben in der altmärkischen Wische steht eine der größten in Backstein
errichteten Saalkirchen im Elbe-Havel-Gebiet. Im Jahr 1151 schenken
die Markgrafen von Brandenburg St. Nikolaus auf dem Berge dem Havelberger Domstift.
Der Architekturstil läßt jedoch erkennen, dass die jetzige Kirche
nicht vor 1200 erbaut worden sein kann, wie in der Vergangenheit häufig gern
angenommen. Die dendrochronologische Untersuchung des bauzeitlich erhaltenen
Kehlbalkendachwerkes über dem Chor ergab ein den Architekturformen gefälligeres
Fälldatum der Eichenbäume von 1221d. (14)
Die vierteilige
Backsteinkirche ist auf einem Sockel von Feld- und Backsteinen errichtet worden.
Die reiche Formenvielfalt und ihre Ausführung an den vier Portalen und
besonders an den Ostteilen weist auf eine enge stilistische Verwandtschaft mit
dem Havelberger Dom hin. Für die Gegend und für das frühe 13. Jahrhundert
einzigartig ist die Horizontalteilung
der Apsis durch einen Mauerrücksprung mit taustabförmigem Fenstersohlbankgesims.
Der
wuchtige Westturm besitzt Außenmaße von 12,50 x 6,58 m und Mauerstärken komplett
in Backstein von 2,10 - 2,75 m. Abb. 18 Das mit spitzbogigen Schallöffnungen
und anderen Backsteinformaten ausgeführte Glockengeschoß ist nachträglich aufgesetzt
worden. Im Inneren des frühgotischen
Glockengeschosses befinden sich an der Ostwand unter der Traufe eingemauerte
eichene Kopfbänder als die einzigen erhaltenen mittelalterlichen Hölzer im
Turm. Auch diese Hölzer wurden dendrochronologisch untersucht, wobei das mittlere
Kopfband um oder nach 1271d datiert. Mit größter Wahrscheinlichkeit
haben sich hier Reste einer ehemaligen Holzkonstruktion erhalten. Es ist anzunehmen,
daß das Obergeschoss des Turms eine Zeit lang als Ständerbau bestanden
hat. Im Gegensatz zu der benachbarten spätromanischen Backsteinkirche in Werben,
(15)besitzt
die Kirche in Berge ein Westportal. Das Turmuntergeschoss
ist mit einer Quertonne überwölbt. Die Nordseite besitzt eine frühneuzeitliche
Öffnung mit einer Holztreppe für den bequemeren Turmzugang. Eine rundbogige
Öffnung verbindet die Turmhalle mit dem Langhaus. Seitlich dem Langhaus zugekehrt
befinden sich zwei rundbogige Blendarkaden in der Ostmauer, die wohl
eine Arkatur vortäuschen sollten.(16)
Die südliche Blendarkade beinhaltet den ursprünglichen Turmzugang. Innerhalb
der Mauerstärke über eine ausgetretene tonnengewölbte Treppe führt
der ursprüngliche Zugang
in das erste Obergeschoß des Turms.Der zweifach gebrochene enge Treppenaufgang
weist am Ausgang über der Quertonne des Turmuntergeschosses noch eine mittelalterliche
zum Turminneren verriegelte schwere
Eichenbohlentür
(17)auf.
Zusammenfassung
Obwohl sich in der Fachwelt in Bezug auf wehrtechnische Aspekte an Sakralbauten
der Begriff "Fluchtkirche" längst etabliert hat, werden in der populärwissenschaftlichen
Literatur weiterhin immer die gleichen Argumente zur Wehrkirchenthese herangezogen,
sie beziehen sich auf das trutzige
burgenartige Erscheinungsbild, daß durch die gestaffelte Gliederung gerade bei
romanischen Kirchen noch gesteigert wird. Dazu kommen die enormen
Mauerstärken, schlitzartige Fenster im Turm, hochgelegene Einstiege in den Turm,
gewölbte Turmuntergeschosse, Sperrbalkenverschlüsse, Treppen in
der Mauerstärke und die teilweise erhaltenen hochgelegen kleinen romanischen
Fenster an Schiff, Chor und Apsis. Letztendlich rückt der die flache
altmärkische Landschaft prägende Westquerturm in den Mittelpunkt einer verklärten
Betrachtungsweise, die sich darin steigert, einen Vergleich mit
wehrhaften Burgtürmen zu wagen. Wehrhafte Vorrichtungen wie Zinnen, Schießscharten
oder Pechnasen sind jedoch an altmärkischen Kirchen nicht zu
finden. Die Lichtschlitze in den
Türmen
funktionieren nicht als Schießscharten, sondern dienen allein nur der Belichtung.
Echte
Schießscharten haben im Querschnitt völlig andere Profile.(18)
Auch ist keine altmärkische Kirche mit funktionstüchtigen
Wehrbauten umgeben. Die aus
Findlingen errichteten Kirchhofsmauern sind zu niedrig. Vermutlich sind diese
auch erst viel später entstanden, wie die für die Altmark typischen und
vielfach zinnenbekrönten in Backstein
errichteten Kirchhofsportale
aus dem 15. und 16. Jahrhundert, mit denen keine
fortifikatorischen Aufgaben in Verbindung gebracht werden können.(19)
Sie waren nur symbolhaft mit Wehrelementen versehen. Wie
die
dendrochronologischen Untersuchungen an bisher etwa 50 romanischen Dorfkirchen
bestätigen, begann in der Altmark der flächendeckende in
Massivbauweise ausgeführte Kirchenbau in den Dorf- und Landgemeinden um 1160.
Zu dieser Zeit befanden sich die slawischen Gebiete östlich der
Elbe bereits unter einer gefestigten deutschen Herrschaft, daher bedurfte es
keinen Wehrkirchenbau gegen Slawenüberfälle im Altsiedelland, wie es
gerne in der Vorkriegszeit proklamiert wurde. Das jedoch etwa 250 romanische
Dorfkirchen mit Bauelementen ausgestattet sind, die eine nicht zu
leugnende Schutzfunktion besessen hatten, läßt sich durch die oben ausgewählten
Objekte mit den angegebenen Befunden belegen. Die Befunde
konzentrieren sich besonders auf den querrechteckigen Westturm der Kirche. Die
Forschung stellt sich schon seit langem die Frage, welche Funktion
allein schon die in sich geschlossenen gewölbten Obergeschosse ausübten.(20)
Übereinstimmend ging man davon aus, sie als Verwahrräume
für
Wertgegenstände und wichtige Urkunde, als Vorratsspeicher oder sogar als Waffenräume
zu deuten. Aber warum konnte man diese Räume ausschließlich
nur von innen verriegeln? Aus meinen Beobachtungen heraus möchte ich lediglich
nur von Fluchträumen ausgehen, die bei Gefahr kurzfristig aufgesucht
werden konnten. Es kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass beim "türmen"
auch leichttransportierbare Wertgegenstände in Sicherheit gebracht
wurden. Die sehr schmalen, immer zur Tür hin gebrochenen Treppen in der Mauerstärke
konnten bei Verfolgung zusätzlich leicht blockiert werden. Zudem
war es durch den gewollten Platzmangel unmöglich, vor einer verriegelten schweren
Eichenbohlentür eine Ramme oder ähnliches in Stellung zu bringen.
Ein Transport derartig sperriger Gegenstände über Eck und den engen Gang hinauf,
war nicht zu bewerkstelligen. Hochgelegene Eingänge, die nur mit
einer Leiter, Strickleiter oder ähnlichem zu erreichen waren und schmale Treppen
in der Mauerstärke befinden sich auch an Wehrtürmen. Wehrtürme bzw. Bergfriede
sind eine letzte Zuflucht mit der Option, daß sie zusätzlich verteidigt werden
konnten, altmärkische Kirchtürme dienten nur der Zuflucht bzw.
dem Schutz und besaßen keine Verteidigungsmöglichkeiten. Das sollte schon der
religiöse Charakter von Kirche und Friedhof als Ort von Asyl und
Frieden verbieten. Typisch für das kirchliche und rechtliche Denken seit der
Neuschöpfung einer fränkischen Kirchenverfassung ist auch die bereits
deutliche Ausdehnung des Hegeschutzes über den engeren Kirchenraum hinaus. So
werden schon am Ende des 8. Jahrhunderts die vor der Kirche liegenden
und mit ihr zusammenhängenden Gebäude in den Friedensbereich einbezogen.(21)
Bedeutsam sind bei den oben aufgeführten Beispielen die topographischen
Verhältnisse zwischen Burg, Dorf, adligem Herrenhof und Kirche. Die kleine Auswahl
zeigt was im 12. und zu Anfang des 13. Jahrhunderts in der Altmark
die Regel war. Offensichtlich herrschte noch zu dieser Zeit eine bestimmte Form
des traditionellen Eigenkirchenrechts vor. Das Eigenkirchenrecht wurde 826
von der Kirche anerkannt, im 12. Jahrhundert von ihr bekämpft und allmählich
in das Patronat umgewandelt. Die Eigenkirche war sehr häufig eine Gründung
des betreffenden Eigenherrn, der die auf privatem Grund stehende, im Eigentum
des Grundherrn befindliche Kirche veräußern oder vererben konnte, sie aber
in ihrem Zweck nicht entfremden durfte. Des weiteren besaß der Grundherr auch
das Recht, die Einsetzung des Geistlichen zu bestimmen. Dies alles geschah
nach germanischer Rechtsanschauung, im Widerspruch zu der römisch-rechtlichen
Lehre von der Einheit des Kirchenvermögens.(22)
Als Albrecht der Bär 1134
Gebiete in der heutigen Altmark im Raum Arneburg/Tangermünde sowie um Salzwedel
und Werben erwarb, war diese Gegend unter Eigendynasten, die wahrscheinlich
königliche Lehen besaßen, in mehrere Machtbereiche aufgeteilt.(23)
Diese Eigendynasten wurden nicht von heute auf morgen, sondern in einem
hundert Jahre dauernden Prozess von den Askaniern entmachtet bzw. verdrängt.(24)
Wohl begünstigt durch den Fall Heinrich des Löwen im Jahr
1180, wurde
letztendlich auch die solange außerhalb des askanischen Machtbereiches liegende
Grafschaft Gardelegen in der südwestlichen Altmark beseitigt.(25)
Damit gehört
erst am Ende des 12. Jahrhunderts das annähernd gesamte Territorium der heutigen
Altmark, die diese Bezeichnung erst in der Mitte des 14. Jahrhunderts erhielt,
zur Mark Brandenburg. Wahrscheinlich aus einer langen traditionellen Selbstständigkeit
heraus, einige Adelsgeschlechter saßen vermutlich schon seit der
fränkischen Eroberung bzw. mit Ausbildung der Bistümer in der Altmark, wird
am Eigenkirchenrecht noch bis in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts
festgehalten.(26)
Dieses Festhalten wird gerade noch an den zahlreichen Westtürmen der romanischen
Sakralbauten ersichtlich. Keiner dieser querrechteckigen
Türme ist in späterer Zeit angebaut worden. Zumindest gilt dies vielfach für
den Turmbau ohne gleichzeitige Errichtung des Glockengeschosses. Die Mehrzahl
der Glockengeschosse sind tatsächlich erst im späten Mittelalter entstanden.(27)
Der Kirchturm diente also nicht nur als Glockenträger, wofür er ja allgemein
angesehen wird, sondern bot vor allem dem Grundherrn und seiner Familie Schutz
vor feindlichen Übergriffen. Zahlreiche Befunde von ehemaligen Sperrbalkenverschlüssen
an den Portalen von Langhaus, Chor und auch an den Westeingängen deuten darauf
hin, dass hier einer größeren Anzahl von
Menschen, also der Gemeinde ein Schutzraum vorbehalten war. Die meisten befestigten
Herrenhöfe und Niederadelsburgen wurden im 12. und 13. Jahrhundert,
wie auch die übrigen profanen Gebäude im Dorf, aus Holz errichtet.(28)
Der einzige feste Bau im Dorf war eben nur die in Stein errichtete Kirche. In
der
Altmark hat sich mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Attributen, die ohne
Zweifel aus dem Befestigungsbau übernommen wurden, eine einzigartige
eigenkirchlich bestimmte Sakralarchitektur des Hochmittelalters erhalten.
..............................................................................................................................................................................................................................
(1).Den drochronologische Untersuchungen
an zahlreichen altmärkischen Feldsteinkirchen haben bisher gezeigt, daß
die Bauzeiten der vollständigen Anlage
in die zweite Hälfte des 12. und zu
Beginn des 13. Jahrhunderts fallen. Ausnahmen bilden offensichtlich die vierteiligen
spätromanischen Backsteinkirchen,
deren Dachwerke dendrochronologisch um 1220d
datieren. Die in diesem Aufsatz angegebenen dendrochronologischen Untersuchungen
an mittelalterlichen
Dachwerken und verbauten Holzelementen wurden
von Herrn Dr. Karl-Uwe Heußner vom Deutschen Archäologischen Institut
(DAI Berlin), von Herrn
Steffen-Tilo Schöfbeck, Archäologe
und Bauforscher aus Berlin und Hohen Viecheln und vom Verfasser vorgenommen
worden. Die Bestimmung erfolgte
durch Herrn K.-U. Heußner im Dendrolabor
der Eurasienabteilung des DAI Berlin. (zurück
zum Text)
(2).Es fällt auf, daß der auf dreiteiligen
Grundriss reduzierte Typ mit geradem Chorabschluss in den östlich der Elbe
gelegenen Landschaften der alten Mark Brandenburg,
die bis 1250 kolonialisiert wurden, im Verhältnis zur Altmark nicht so
häufig vorkommt. Interessant sind die dendrochronologischen
Ergebnisse, welche die Bauzeiten der im reduziertem
Grundriss errichteten Kirchen zwischen 1220 und 1240 eingrenzen. (zurück
zum Text)
(3).Im Laufe der Zeit, als Hocheingänge ihre Bedeutung einbüßten,
sind die Gewölbe häufig durchbrochen und die Turmobergeschosse durch
hölzerne Treppeneinbauten vom Turmuntergeschoss
erschlossen worden.(zurück zum Text)
(4).Die Mehrzahl der Westeingänge entstanden
erst im 19. Jahrhundert und sind im Erscheinungsbild stark vom Historismus geprägt.
(zurück zum Text)
(5).In der Altmark befinden sich etliche mittelalterliche
Taufen noch in situ, darunter sind auch einige bauzeitlich gemauerte Beispiele
in den romanischen und
gotischen Dorfkirchen von Dankensen, Häsewig,
Kassuhn und Klein Ballerstedt. (zurück
zum Text)
(6).Offensichtlich hat sich hiermit in Teilen
der Altmark bis heute ein spezifischer Ausdruck aus dem mittelalterlichen Vokabular
erhalten. Die Bezeichnung
könnte nach Hellmut Müller, er
war viele Jahre Pfarrer in der Altmark und hat sich mit der lokalen Sakralarchitektur
auseinandergesetzt, als "Loch", in
dem auf den Feind "gelauert" wird, interpretiert
werden.(zurück zum Text)
(7).Paul Grimm, Die vor- und frühgeschichtlichen
Burgwälle der Bezirke Halle und Magdeburg, Berlin 1958, 400 (zurück
zum Text)
(8).In der Altmark gibt es einen zweiten gleichnamigen
Ort bei Arendsee.(zurück zum Text)
(9).In diesem Zusammenhang soll mit Vorbehalt
auf eine Rettungsgrabung im Jahr 1992 am nordöstlichen Rand des Gutsgeländes
hingewiesen werden. Bei Tiefbauarbeiten
ist dort ein frühmittelalterliches Reihengräberfeld angeschnitten
worden. Es konnten noch 25 West-Ost ausgerichtete Körpergräber, die
im lehmigen Boden erstaunlich gut erhalten
waren, vollständig untersucht werden. Als das Gräberfeld datierender
Fund ist eine gut erhaltene
Kreuzemailscheibenfibel
als Trachtbestandteil geborgen worden. Die Fibel ist fränkischer Provenienz
und besitzt ein gleicharmiges Kreuz mit geraden,
ausgezogenen Armen und winkelförmigen
Zwickeln. Sie ist der Gruppe von zweidimensionalen Scheiben- und Kastenkörpern
des 8. und 9. Jahrhunderts
zuzuordnen. Da in Kläden die bei altsächsischen
Friedhöfen übliche Messerbeigabe bei den männlichen Individuen
fehlte, wird von einem fränkischen
Bestattungsplatz ausgegangen. (zurück
zum Text)
(10).Nach der zuerst von Ernst Haetge in den
Kunstdenkmalen der Kirchenprovinz Sachsen, Bd. 3, Kreis Stendal Land, Burg 1933,
84, geäußerten
Vermutung ging die Forschung
beständig davon aus, daß sich hier eine Michaelskapelle befunden
haben könnte. (zurück zum Text)
(11).Die Befunde sind durch Herrn Reinhard
Schmitt, Landesamt für Denkmalpflege, Referat Bauforschung, bestätigt worden.(zurück
zum Text)
(12).Danach würde es sich um den einzigen Ortsnamen
mit der ursprünglichen Endung -wick handeln. 1202 heswich, 1345 hesewick, 1540
hesswick.
Allerdings existiert auch eine
Ortnamenentsprechung mit Heeswijk in Nordbrabant. So könnte auch die Möglichkeit
einer Ortsnamenübertragung
durch flämische Kolonisten im
hohen Mittelalter in Erwägung gezogen werden. (zurück
zum Text)
(13).Bisher ist jedoch keine Überlieferung
zu einer Befestigungsanlage an dieser Stelle gefunden worden, womit aber eine
frühe Entstehung dieser Anlage
im 9. oder 10. Jahrhundert nicht
ausgeschlossen ist. Im Volksmund hat sich die Flurbezeichnung "Butterberg" für
den eindeutig künstlich errichteten
Hügel erhalten. Da das heutige
Dorf in keiner direkten topographischen Beziehung zur Kirche steht, ist von
einer bäuerlichen Neustrukturierung des Ortes
im 12./13. Jahrhundert auszugehen.
Die Anlage des Hügels spricht für einen mittelalterlichen Burghügel, in der
Form einer "Motte" und nicht alternativ für
ein urgeschichtliches Hügelgrab.
(zurück zum Text)
(14).Bei dem 1151 urkundlich bezeugten Nikolaipatrozinium
kann daher nur von einer in Holz errichteten Vorgängerkirche an Stelle des spätromanischen
Backsteinbaus ausgegangen werden.
(zurück zum Text)
(15).Von dem romanischen Vorgänger der spätgotischen
Johanneskirche ist nur noch der sorgfältig in Backstein errichtete querrechteckige
Westurm
erhalten. (zurück
zum Text)
(16).Im allgemeinen kommen bei der altmärkischen
Turmarkatur an den Untergeschossen zwei Durchgänge vor. Eine Ausnahme bildet
der in den
Dimensionen St. Nikolai in Berge
sogar noch übertreffende um 1200 in Backstein errichtete Saalbau von St. Nikolai
in Gardelegen. Hier verbanden
drei rundbogige Öffnungen die
Turmhalle mit dem Schiff. Die zwei äußeren Öffnungen wurden beim spätgotischen
Hallenumbau und der damit
verbundenen Turmerhöhung zugesetzt.
(zurück zum Text)
(17).Auch in der vierteiligen Backsteinkirche
im benachbarten Giesenslage, deren wiederverwendete Eichenhölzer (ehem. Sparren)
über dem Schiff
dendrochronologisch 1220d datieren,
führt ein noch in Benutzung befindlicher enger Treppenaufgang vom Schiff in
der Mauerstärke über die Quertonne
in das Turmobergeschoss. Für
Giesenslage ist ein Herrenhof südlich der Kirche bezeugt. (zurück
zum Text)
(18).Schlitzartige, im Mauerwerk eingelassene
Schießscharten stehen zeitlich mit dem Aufkommen von Feuerwaffen in Verbindung.
Im 12. und
13. Jahrhundert gab es nachweislich
noch keine Feuerwaffen.(zurück zum
Text)
(19).Der Kirchhof von Trüstedt bei Gardelegen
ist zum Teil noch mit einer für die Altmark typischen von Sandsteinplatten abgedeckten
mittelalterlichen
Feldsteinmauer eingefriedet. Trüstedt
wurde in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wüst und auf der alten Dorfstelle
sind 1704 französische
Kolonisten (Hugenotten) angesiedelt
worden. Im Jahr 1749 kamen Kolonisten aus der Pfalz hinzu. Dabei wurde auch
die Kirchenruine wieder aufgebaut
und das Friedhofsgelände seiner
ursprünglichen Bestimmung zugeführt. (zurück
zum Text)
(20).Georg Wilhelm Holtzinger, Romanische Turmkapelle
in Westtürmen vorwiegend ländlicher Kirchen im südlichen Teil des alten Erzbistums
Köln,
Diss. Aachen 1962, Friedrich
Möbius Westwerkstudien, Jena 1968, Hellmut Müller, Die Strasse der Romanik im
Landkreis Osterburg - Ein
Vorschlag, Maschinenmanuskript, Hermannsburg
1994, Hellmut Müller, Romanische Wehrkirchen in der Altmark, Maschinenmanuskript,
Fürstenfeldbruck 2004, erscheint
2005 im 77. Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für Vaterländische Geschichte
zu Salzwedel e. V., Horst Scholke,
Der sakrale Breitturm, Diss.
Halle/Wittenberg 1972. (zurück zum
Text)
(21).Aus dem einheimischen
Recht haben sich bei den germanischen Völkern Rechtsformen zum Schutz des Sakralraumes
herausgebildet, die zusammen
mit den im römischen Rechtsverständnis
entwickelte Schutzfunktionen zu verschiedenen Formen der Umhegung führten. Es
wurden klar definierte
Grenzbereiche für den kirchlichen
Hausfrieden geschaffen, ganz in der Tradition derselben Mittel und Riten, die
aus der Umzäunung der Höfe und
Häuser angewendet wurden: "man
umgibt den Kirchenbau und andere christliche Sakralbezirke mit einem festen,
sichtbaren, materiellen mit symbolischen
Schutz verbindenden Gehege".
Der Beginn dieser Vorgänge lässt sich zeitlich mit der fränkischen Reichsgründung
und der Neuschöpfung einer fränkischen Kirchenverfassung
in direktem Zusammenhang bringen. Das kirchliche und rechtliche Denken der Zeit
spiegelt sich u. a. in der Ausdehnung des
Hegeschutzes über den Kirchenraum
hinaus wieder. Zudem werden im Bereich der Kirche liegende und zu ihr gehörende
Gebäude ab dem ausgehenden
8. Jahrhundert in den Friedensbereich
einbezogen.
In: Das mittelalterliche Dorf
als Friedens- und Rechtsbereich von Karl Siegfried Bader, Weimar 1957, 152-153.
(zurück zum Text)
(22).Hans von Schubert, Staat und Kirche in
den arianischen Königreichen und im Reiche Chlodwigs - mit Exkursen über das
älteste Eigenkirchenwesen,
München und Berlin 1912. Ulrich
Stutz, Die Eigenkirche als Element des mittelalterlich-germanischen Kirchenrechts,
Darmstadt 1955. (zurück zum Text)
(23).Da das Gebiet der heutigen Altmark seit
den Karolingern zum Reichsgebiet gehörte, entwickelten sich auch hier größere
hochadlige Herrschaftsbereiche.
Daraus ging ein Dualismus von
adlig-dynastischer und markgräflicher Herrschaft hervor, welcher durch den Ausbau
der Herrschaft der Markgrafen von
Brandenburg zur Landesherrschaft
beseitigt wurde. In: Hans K. Schulze, Adelsherrschaft und Landesherrschaft,
Mitteldeutsche Forschungen 29,
Köln Graz 1963, 22. (zurück
zum Text)
(24).Der umfangreiche Machtbereich
der Grafen von Osterburg/Veltheim, sie unterhielten im 12. Jahrhundert noch
gute Beziehungen zu den Markgrafen,
kam nicht durch strikte
Verdrängung in den 1230er Jahren in landesherrlichen Besitz, sondern die Aufgabe
ihrer Herrschaft wurde nach 1200 ganz
allmählich durch das sich abzeichnende
Aussterben des ursprünglich aus Schwaben stammenden Adelsgeschlechts begünstigt.
(zurück zum Text)
(25).Im Jahr 1184 erhält Heinrich von Gardelegen,
ein nachgeborener Sohn Markgraf Otto I., die Burg und Grafschaft Gardelegen.(zurück
zum Text)
(26).Vereinzelt lassen sich Hocheingänge an
Westtürmen noch für das 14. Jahrhundert nachweisen, zum Beispiel in Lüffingen
und Algenstedt bei Gardelegen
an nachträglich errichteten
quadratischen Kirchtürmen. Diese Türme ohne Westeingang haben mit Längstonnen
überwölbte Untergeschosse, darüber
führen die um 3 m erhöhten Einstiege
an der Südseite in die Turmobergeschosse. Die Deckenbalken des Turms in Algenstedt
sind dendrochronologisch
untersucht und datieren 1349d.
Der Hocheingang hat noch den alten Sperrriegel. (zurück
zum Text)
(27).Deutlich sichtbar wird dies an den spätgotischen
bzw. renaissancezeitlichen Architekturformen aber auch an der Zäsur im Mauerwerk.
Beispiele von in
Fachwerk errichteten Glockengeschossen
stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. (zurück
zum Text)
(28).Noch 1420 wurde in der Mark
Brandenburg vom Landesherrn ein Massivbauverbot erlassen (zurück
zum Text)
...................................................................................................................................................................................................................................................
zurück zur Hauptseite (bearbeitet
für das Internet: Andreas Schwieger, März 2006)