Die St. Andreas Kirche von Dähre

Von Dr. Ernst Block, Dähre im April 2002
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Zur altmärkischen Dorf- und Kirchengeschichte


Der Bauboom in Dähre 1901 bis 1905

Hauptvorhaben: Der Um- und Ausbau der St.Andreas Kirche


Der Beginn des 20.Jahrhunderts brachte für die Gemeinde und das Kirchspiel Dähre große Veränderungen. Für die ersten fünf Jahre von 1901 bis 1905 seien diese dargestellt. Die wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen Gebiete des Kreises Salzwedel hing um die Wende vom 19. zum 20.Jahrhundert entscheidend von der weiteren verkehrstechnischen Erschließung ab. So war es für die Dörfer Wallstawe, Dähre und Diesdorf mit ihren Einzugsgebieten von beso nderer Bedeutung, dass die Kleinbahnlinie Salzwedel – Dähre – Diesdorf gebaut wurde.

Am 24. Oktober 1900 wurde der erste Streckenabschnitt bis Wallstawe feierlich eröffnet, am 5. Dezember der Abschnitt bis Dülseberg und die Gesamtstrecke bis Diesdorf folgte am 15. Oktober 1901.

So war endlich der Wunsch der Gemeinde Dähre, insbesondere der bäuerlichen Bevölkerung und der Gewerbetreibenden, in Erfüllung gegangen, eine bequeme Verbindung mit der Kreisstadt zu bekommen. Der Handel und der Verkehr konnten sich nun besser entwickeln. Den größten Vort eil aber hatte die Landwirtschaft, denn Kunstdünger, Futtermittel und Kohlen waren mit viel weniger Unkosten zu beschaffen, dagegen Getreide, Zuckerrüben und Vieh leichter fortzuschaffen. Die Zuckerfabrik in Salzwedel mit der ersten Kampagne 1892/93 konnte durch die Kleinbahnen die Produktion stark erhöhen, gleichzeitig war der Zuckerrübenanbau "der Motor moderner Landwirtschaft, sowohl im Ackerbau wie in der Viehwirtschaft". Die Bauern in Dähre und Umgebung konnten seit 1902 nun Zuckerrüben anbauen. Mit dieser Gesamtentwicklung stieg auch der Lebensstandard in den Dörfern.

In diesen Jahren waren die Ernten immer relativ gut. Das Jahr 1905 brachte in Dähre und Umgebung eine sehr gute Ernte, auch Viehfutter gab es in solchen Mengen, dass es kaum unterzubringen war, trotzdem waren die Viehpreise sehr hoch, so dass in den Städten allgemein über Fleischnot geklagt wurde. Das Fettvieh (Rinder) kostete 100 Pfund Lebendgewicht 36 – 38 Mark, Schwein sogar 55 – 60 Mark, Ferkel von sechs Wochen 25 – 30 Mark. Da sehr viel Vieh gezüchtet und gemästet wurde, haben sich die Einnahmen der Besitzer gegen früher fast verdoppelt.

Davon legte auch der hohe Umsatz der hiesigen Spar- und Darlehnskasse, die vor 11 Jahren gegründet wurde, ein Zeugnis ab; derselbe betrug fast eine Million Mark.

Eine weitere Folge dieser Entwicklung war die Steigerung des Preises für Acker. Während man vor 10 Jahren den besten Acker mit 400 – 500 Mark pro 25 a bezahlte, kostete der selbe jetzt 600 – 800 Mark. Dies führte insgesamt dazu, dass die kommunal – staatlichen und auch die privaten Ausgaben gesteigert werden konnten.

Gemeindebaumaßnahmen

Die Gemeindevertretung in Dähre setzte sich nach der Jahrhundertwende aus 12 Mitgliedern zusammen. Bis zum 3o. März 1903 gehörten dazu: Friedrich Giffey als Schulze (Gemeindevorsteher), Friedrich Schulz als 1.Schöppe und Friedrich Elfert als 2. Schöppe; dazu neun Gemeindevertreter: Heinrich Elfert, Friedrich Behne, Willy Bannier, Friedrich Bannier, Friedrich Schnell, Louis Müller. Hermann Schulz, Friedrich Woltersdorff und Hermann Machel. Im April 1903 erfolgte die Neuwahl des Dorfschulzen und die Ergänzungswahl eines Schöppen; zum Schulzen wurde Friedrich Elfert gewählt und sein Nachfolger als 2. Schöppe wurde der Stellmachermeister Christoph Schulze.

In dieser personellen Zusammensetzung fasste die Gemeindevertretung von 1901 bis 1905 Beschlüsse zu Investitionen und baulichen Modernisierungsmaßnahmen. Nach der Eröffnung des ersten Bauabschnittes der Kleinbahn von Salzwedel bis Wallstawe stimmte die Gemeindevertretung Dähre am 3. September 1900 dafür, 7000 Mark für den Bau der Eisenbahn zu zahlen, wenn der Bahnhof in Dähre fertiggestellt sei. Zum Bau der Chaussee sollten 3000 Mark zur Verfügung gestellt werden, die durch Anleihen bei der Sparkasse gedeckt werden sollten.Am 8.Februar1901 bewilligte die Gemeindevertretung den Ausbau des Schadewohler Weges von der Chaussee an und die Verbreiterung der Brücke, gleichzeitig sollte das Pflastern des Hilmsener Weges von der Kreiskunststraße an beginnen. Am 18. April 1901 wurde beschlossen, zur Verbreiterung der Kunststraße im Dorf den Grund und Boden abzutreten und dafür die Hand- und Spanndienste zu leisten und der Ellenberger Weg sollte dazu bis zum Bahngleis zwei Ruten breit angelegt werden.

Im Juli 1903 gab es dann einen Beschluss über die Finanzierung aller Vorhaben. Für den Umbau der Kirche und die bereits bewilligten 7000 Mark für die Kleinbahn Salzwedel – Dähre – Diesdorf, ferner für die Wegebauten in Höhe von 2000 Mark zum 1. Januar 1904 ein Amortisationsdarlehen von "Achtzehntausend Mark" bei der Ländlichen Spar- und Darlehnskasse, e.G.m.b.H. in Dähre zu folgenden Bedingungen aufzunehmen: Die Tilgungsfrist des Anlegekapitals (18000 Mark) soll 15 Jahre betragen und die jährliche Tilgung des Anlagekapitals in ½ jährlichen Raten mit 9 % erfolgen, wovon 4 % auf Verzinsung und 5 % auf Amortisation entfallen.

Im November 1903 wurde dann der Beschluss präzisiert, dass die politische Gemeinde Dähre zum Umbau der Kirche die Kosten in Höhe von zirka 9000 Mark übernehmen würde. Und im Februar 1904 erfolgte noch die Ergänzung, dass auch die Achterstraße vom Bahnhof an bis zur Einfahrt von Schneider Meyer zu pflastern sei.

Für die Volksschule wurde in diesen Jahren auch noch etwas getan. Carl Pecker war der 1. Lehrer und Carl Fahldieck hatte die 2. Lehrerstelle inne.In diesen Jahren betrug die Schülerzahl in Dähre zwischen 120 und 130. 1902 wurde die große Schulstube neu gedielt und die Fensterfront an der Nordseite (zum Hof) bedeutend vergrößert. Und nach einer Inspektion des Kreisarztes im Jahre 1904 mussten die hygienischen Verhältnisse verbessert werden. Auf dem Hof wurden zwei neue Gruben ausgemauert und der Brunnen musste aus Zementrohren angefertigt und mit einer Pumpe versehen werden. Diese Ausgaben beschloss die Gemeindevertretung einstimmig.

Aber es gab auch kreisliche Anträge und Eingaben von Bürgern, die in diesen Jahren immer mit der stereotypen Bemerkung "abgelehnt... die Gemeinde hat ohnehin schon zuviel Ausgaben" behandelt wurden. Dazu gehörte im Dezember 1902 die Gründung einer freiwilligen Feuerwehr, im Dezember 1903 die Anlage einer elektrischen Straßenbeleuchtung der Dorfstraße, im Juni 1904 der Bau einer Leichenhalle und im Oktober 1904 die Verbesserung der Straßenverhältnisse im sogenannten Katzenwinkel.

Privatbauten

In Dähre errichtete der Schlachter Wilhelm Siebert 1902/03 nahe neben der Propstei ein neues Wohnhaus mit den dazugehörigen Stallungen. Im Juni 1903 war der Einzug in dieses neue "Steinhaus" mit den zwei verzierten Dacherkern mit der abschließenden Fachwerkbalkeninschrift: "Bauherr Wilhelm Siebert - Baufrau Wilhelmine Siebert, geb. Evers. Eigener Herd ist Goldes wert – Errichtet am 23ten Juni 1903." Durch Einheirat wurde daraus die Fleischerei Heiser.

1904 stellte daneben der Schneider Hermann Burmeister sein neues Wohnhaus fertig, daraus entstand dann das Textilgeschäft Burmeister.

Der Privatmann Hermann Elfert schloss sich mit einem größeren Einfamilienhaus den Bauten 1904 an und richtete ein kleines Drogeriegeschäft mit ein. Den Abschluss dieser Neubauten bildete das 1905 fertiggestellte Fachwerkhaus der Familie Hermann und Martha Diercks, dies war ein Haus für den Altsitzer.

Dieser neuen Straßenfront mit den vier Häusern gegenüber ließ der Lehrer Carl Pecker 1903 sich ein Wohnhaus bauen, dazu gehörte ein Garten von drei Morgen. Dieses neue Grundstück schloss direkt an den Pfarrgarten an.

An der Bauernstraße hatte der Ackermann Schulz sich 1905 ein neues Bauernhaus errichten lassen, es gehörte in Dähre zu den schönsten Häusern.

Umbau der Kirche

Die Kirche in Dähre gehört zu den ältesten in der Altmark. Die erste urkundliche Erwähnung gibt es in der Urkunde des Bischofs Hermann von Verden vom 10. Dezember 1161 anlässlich der Weihe der Kirche (Stift) in Diesdorf. Die Bildung des Kirchspiels Diesdorf durch Herauslöung des Dorfes Diesdorf aus dem Kirchspiel Dähre und der Zuordnung zur neuen Kirche erfolgte und die Mutterkirche Dähre erhielt als Entschädigung dafür eine Hufe (Hof).

Über 750 Jahre hielt die Kirche in Dähre allen großen gesellschaftlichen Stürmen stand und die letzte große Reparatur fand 1724 durch Obrist-Lieutenant von Meding auf Deutschhorst statt. Diese Familie des lüneburgischen Uradels erwarb nach längeren Verhandlungen 1686 von den Schulenburgs das Rittergut Horst und erhielt dadurch das Patronat der Kirche in Dähre.

Nach 180 Jahren war der Zustand der Kirche nicht mehr sehr ansehnlich . Größere Reparaturen wurden unbedingt erforderlich. Die Balken und die Dachsparren waren morsch, das Innere war unsauber und unharmonisch, die Orgel war alt und schlecht; das Äußere wies viele Reparaturstellen und Spuren der Abrisse von früheren Anbauten auf. Es hätte eine bedeutende Geldsumme aufgewandt werden müssen, ohne dass etwas Rechtes für die nächsten Jahrhunderte erreicht worden wäre.

So stand zu Beginn des 20.Jahrhunderts vor den kirchlichen Körperschaften in Dähre ein schwerer Entschluss. Was soll für die Kirche geschehen? Die kirchlichen Körperschaften im Kirchspiel Dähre setzten sich aus 12 Ältesten und 36 kirchlichen Vertretern zusammen. In den Diskussionen ging es um einen Um- und Ausbau oder einen Neubau. Als von einigen Mitgliedern der kirchlichen Organe der Vorschlag kam, gleich eine neue Kirche zu bauen, war die ganze Versammlung – bis auf zwei Gegenstimmen – sofort dafür. Aber der Kirchenpatron Wilhelm Ernst Friedrich von Meding, Herr auf Käysdorf (Mecklenburg-Schwerin), der nach dem Tode von Heinrich Werner von Meding 1878, der keine Leibeserben hinterließ, das Rittergut geerbt hatte, genehmigte den Neubau einer Kirche nicht, sondern empfahl eine umfassende Reparatur.

Da auch das Königliche Konsistorium in Magdeburg darauf bestand, dass die alte Kirche erhalten bleiben müsse, beschlossen die kirchlichen Gemeindevertretungen schließlich, einen umfassenden Umbau durchzuführen. Mit der Herstellung des Projektes und des Kostenanschlages wurde der Königliche Baurat und Kreisbauinspektor Hugo Prejawa aus Salzwedel beauftragt.

Dieser nahm zunächst die alte Kirche auf. Er fand einen Bau vor, der wohl etwa der Mitte des 12. Jahrhunderts romanisch begonnen und dann später nach Osten hin altgotisch fortgesetzt worden war. Vom mittelalterlichen Feldsteinbau hatten sich die Seitenwände erhalten, die in zwei Reihen verlaufend die Größe des Schiffes betonten, wobei durch den Ansatz das Schiff der Kirche ziemlich lang und schmal geworden war und deshalb eine Kreuzform bekommen sollte. Und um den notwendigen Platz für die große Kirchengemeinde zu gewinnen – alle Dörfer des Kirchspiels zusammen hatten um 1900 genau 2309 Einwohner – musste die Kirche reichlich mit Emporen versehen werden.

Der Altarraum hatte eine unregelmäßige Form; das Halbrund desselben war nach Südwesten hin etwas plattgedrückt. Dort hatte früher jedenfalls ein altes Gebäude der Propstei gestanden, an das der letzte Ansatz der Kirche herangebaut, aber später wieder abgebrochen wurde. Eine Tür, die früher aus dem Altarraum in das anliegende Gebäude ging, war zugemauert. Diese Veränderungen waren außen an der Kirche noch sichtbar.

Das Gestühl und die Emporen der alten Kirche waren zum Teil aus gutem Eichenholz, auch fanden sich wertvolle Schnitzereien, so dass sich manches Alte für die Innenausstattung der zu erweiternden Kirche verwenden ließ. Bemerkenswert waren noch zwei alte Chorstühle, ein Flügelaltar mit vorn geschnitzten Figuren und gemalten hinten.

Einige alte Grabsteine von früheren Predigern und Predigerfrauen mit Inschriften und Wappen lagen auf dem Fußboden vor dem Altar und in der Nähe desselben. Teilweise befanden sich auch gewölbte Gräber mit Sargresten und Gebeinen darunter, wie sich bei Grabungen herausstellte.

Der "Heilige Andreas"

Die überlebensgroße Schnitzfigur des "Heiligen Andreas" stand in der alten Kirche auf der Erde etwas zurückgestellt neben dem Altar. Neben den alten Glocken war das Standbild de "Heiligen Andreas" sicher das wertvollste Denkmal aus der älteren Vergangenheit der Kirche. In einem alten Kirchenbuch wurde zu dieser Holzfigur aufgezeichnet: "In der Kirche allhier ist ein hölzernes Bild des Apostel Andreas, welches der Propst zu Saltwedel geschenket hat, wie mit schwarzen Litern auf dem Gehäuse des Bildes stehet. Anno dom. MCCCCLX, Melch. Verdemann, praepositas in Soltwedel, di dit ornamentum templ., dare – das Gehäuse ist in der Küsterei als ein Tisch für das Schreiben. So Pastor G. Vogel."

Das Standbild des "Heiligen Andreas" wurde 1903 beim Umbau der Kirche ausgebessert, neu bemalt und eingefasst und erhielt einen besseren Platz auf einem Sockel neben dem Eingang zur Sakristei.

Projekt Prejawa

Nach gründlicher Aufnahme der alten Kirche fertigte der Baurat Prejawa die Zeichnungen und den Kostenanschlag für den Umbau der Kirche an. Der Kirchturm sollte vorläufig stehen bleiben, obwohl er viele Ausbesserungen hinter sich hatte, aber ein neuer Turm überstieg die finanziellen Möglichkeiten; der Turm sollte nur einen Eingang erhalten, durch den die Orgelempore erreicht werden konnte. Die Seitenwände sollten in der Nähe des Altarraumes durchbrochen werden, damit das geplante Querschiff durchgebaut werden konnte.

Der Pfeiler des Altarraumes sollten, soweit es ging, erhalten bleiben und Fenster und Gewölbe desselben möglichst in der früheren Form wieder hergestellt werden. Für Querschiff und Altarraum war altgotische Form vorgesehen, im älteren Teil sollte der ursprüngliche romanische Baustil beibehalten werden.

Zwischen Altarraum und nördlichem Querschiff war eine Sakristei, mit einer Aktenkammer darüber, geplant. Die alten, wertvollen Schnitzereien sollten zurecht gemacht und wieder verwendet werden. Eine eigenartige Konstruktion sollte die Decke bekommen.

Das Projekt war zuerst auf 50 000 Mark veranschlagt worden. Es wurde, namentlich auf Wunsch des Patronats, und hauptsächlich zu dessen Gunsten auf 41 000 Mark reduziert. Wilhelm Ernst Friedrich von Meding verstarb aber im Dezember 1901 in Schwerin. Kurz vor seinem Tode war das Rittergut Deutschhorst durch Kauf an Major Werner von dem Knesebeck übergegangen, und dieser übernahm das Patronat. Der neue Patron zeigte sich sehr großzügig und so konnte die Anschlagssumme wieder auf 50 000 Mark erhöht werden. Dies war eine noble Geste des neuen Kirchenpatrons, der sich so auch gut den Einwohnern des Kirchspiels vorstellte.

Der neue Patron leistete etwa 18 000 Mark für den Umbau der Kirche und stiftete zusätzlich 1000 Mark für die beiden bunten Fenster des Kreuzschiffes oben.

Die Gemeinden des Kirchspiels steuerten etwa 32 000 Mark bei, die in zwei Jahren durch den 36monatlichen Betrag der Einkommen-, Grund- und Gebäudesteuer aufgebracht werden sollten.

Die einzelnen Gemeinden trugen wie folgt zu den Baukosten bei: Major Werner von dem Knesebeck als Patron 18 000 Mark, Gemeinde Dähre (706 Einwohner) 8 400 Mark, Gut Dähre 400 Mark, Gemeinde Deutschhorst (95 Einwohner) 570 Mark, Gemeinde Dülseberg (138 Einwohner) 2 478 Mark, Gemeinde Eickhorst (119 Einwohner) 2 175 Mark, Gemeinde Ellenberg (299 Einwohner) 5 058 Mark, Gemeinde Hohendolsleben (137 Einwohner) 1 770 Mark, Gemeinde

Kleistau (44 Einwohner) 801 Mark, Gemeinde Kortenbeck (255 Einwohner) 1900 Mark), Gemeinde Rustenbeck (68 Einwohner) 1824 Mark, Gemeinde Siedendolsleben (191 Einwohner) 2230 Mark, Gemeinde Wendischhorst (16 Einwohner) 375 Mark, Gemeinde Wiersdorf (112 Einwohner) 1732 Mark und Gemeinde Winkelstedt (129 Einwohner) 2019 Mark.

Von diesen Gemeinden brachten folgende die ganze Summe sogleich auf: Eickhorst, Hohendolsleben, Rustenbeck, Winkelstedt, Deutschhorst, Kleistau und Wendischhorst; während die anderen Gemeinden von der Spar- und Darlehnskasse Dähre sich Geld leihen und mit 4 % verzinsen und 5 % in 15 Jahren amortisieren mussten.

Eine Sammlung in der Gemeinde Dähre zur Ausschmückung der Kirche brachte über 200 Mark ein. Frau Fehske aus Hannover, früher in Dähre wohnhaft, stiftete ein gemaltes Fenster für 400 Mark, das den Altarraum schmücken sollte.

Im Herbst des Jahres 1902 wurden die Bauarbeiten öffentlich vergeben, und gleich nach Ostern 1903 begannen die Abbrucharbeiten. Der Umbau sollte am 15. Oktober 1903 fertig sein. Die meisten Handwerksmeister hielten aber ihre Termine nicht ein und so kamen die Kirchenarbeiten nur mit großer Mühe bis zur Vollendung des Daches. Namentlich ließ der Glasermeister G. Müller aus Salzwedel lange auf sich warten, so dass durch seine Schuld die Kirche fast den ganzen Winter über offen blieb. Das war besonders für die neue Orgel schlimm, die noch im Herbst aufgestellt wurde und dies auf ausdrückliches Verlangen des Baurates Prejawa, der den Orgelbauern, die sich weigerten, in der offenen Kirche ein solch gutes Werk aufzustellen, hohe Konventionalstrafen androhte.

Im Frühjahr waren sämtliche Windleitungsrohre sowie auch alle Federn unter den Tasten verrostet und mussten durch neue ersetzt werden. Ebenfalls hatten die Windladen sehr gelitten und der Klang der Orgel war zurückgegangen. Diese Reparatur kostete 350 Mark. Die Orgelbauer erklärten, die zuerst übernommene 15jährige Garantie nicht mehr halten zu können.

In diesen zwei Jahren von 1902/03 bis 1904 hatte besonders der Pastor Hermann Franz Gieseler sehr viele zusätzliche Arbeiten zu leisten. Pastor Gieseler hatte am 15. Mai 1885 die Pfarrstelle in Dähre übernommen. Er gehörte um die Jahrhundertwende zu den Initiatoren, die die baulichen Veränderungen der Kirche in Dähre einleiteten. In vielen Aussprachen und Versammlungen wurden dann die finanziellen und technischen Einzelheiten diskutiert.

Die gewählte Baukommission war dann ab Herbst 1902 besonders aktiv. Vorsitzender war Pastor Gieseler, zu den Mitgliedern gehörten Hermann Schnöckel und Friedrich Woltersdorff aus Dähre, Friedrich Kleitzke aus Deutschhorst, Heinrich Reinecke aus Wiersdorf, Friedrich Müller aus Siedendolsleben und Reinhold Cordts aus Ellenberg.

Veränderungen

Von den kirchlichen Körperschaften wurde beschlossen, die alte Sitzordnung in der neuen Kirche zu verändern. Früher gab es manchmal Platzstreitigkeiten, denn die Plätze waren nach Ortschaften und für jeden einzelnen Besitzer eingeteilt. Diese Platzeinteilung wurde nun abgelehnt. Das gefiel damals allen Kirchenbesuchern, denn nun waren an gewöhnlichen Sonntagen die Plätze bei der Kanzel und am Altar besetzt, während die hintersten Plätze nur an den Festtagen benutzt wurden.

Gleichzeitig war der alte Kirchhof eingeebnet worden und so ein schöner, mit Anlagen versehener Kirchplatz entstanden. Außerdem wurden die Reste der teilweise schon zerfallenen Kirchhofmauer abgetragen, und so machte der Kirchplatz einen freundlichen Eindruck. Er passte nun zur neuen Kirche.

Besonders gelang die Gestaltung der ½ kreisförmigen Apsis mit den sechs großen Fenstern, die in farbiger Malerei mit christlichen Motiven den Kirchenraum abschlossen. Diese Fenster wurden gestiftet von Jenny von dem Knesebeck, geb. Hubbe, Deutschhorst, von Leutnant Gottschalk von dem Knesebeck, Deutschhorst und Sophie Fehske, früher Dähre. Die Fenster mit der Glasmalerei stellte die Firma Henning & Andres aus Hannover her.

Die kleineren Fenster auf beiden Seiten der Emporen stifteten von Meding, von der Schulenburg und Werner von dem Knesebeck und Gemahlin Jenny, geb. Hubbe. Sie wurden vom Institut für Glasmalerei in Berlin angefertigt.

Einweihung

Die gewöhnlichen Gottesdienste wurden während des Kirchenbaues in der großen Schulstube abgehalten, die Festgottesdienste im Behneschen Saale. Im Juli 1904 sollte die Kirche nach einigen verschobenen Terminen vollständig fertig sein, aber wieder verzögerten sich die Glaser-, Maler- und Tischlerarbeiten bis zum Oktober. So konnte die feierliche Einweihung erst am 1. November 1904 stattfinden.

Dazu waren durch den Pastor Gieseler eingeladen worden:Der Patron Major von dem Knesebeck, der Generalsuperintendent Vieregge aus Magdeburg, der Superintendent Scholtz aus Salzwedel und sämtliche Geistlichen der Ephorie Salzwedel, außerdem die Lehrer der Parochie Dähre, der Baurat Prejawa, alle am Bau beteiligten Handwerksmeister, die Baukommission und die Kirchenältesten.

Vor der Schule formierte sich der Festzug mit allen geladenen Gästen, den Krieger- und Gesangvereinen und den Bürgern aus den Gemeinden der Parochie. Unter Glockengeläut ging es einmal um die Kirche herum und vor dem Haupteingang erfolgte dann die Übergabe des Kirchenschlüssels.

Der Generalsuperintendent hielt die Festrede und weihte die neue Kirche . Der Männergesangverein und die Schulkinder sangen – es war eine feierliche Atmosphäre. Die Kirche war überfüllt und viele mussten sich mit Stehplätzen begnügen.

Mit einem Festmahl auf dem Bannierschen Saale klang dieser Tag aus. Für die Familien gab es auf dem Saal bei Behne am nächsten Tag eine Nachfeier – so wurden alle in das Fest der Kirchenweihe einbezogen. Das Kirchspiel Dähre hatte wieder eine neue Kirche.

Literatur : 1. Protokollabschriften der Gemeindevertretung Dähre der Jahre von 1901 bis 1905

2. "Unsere Altmark", Sonntagsbeilage des Salzwedeler Wochenblattes v. 1. 1. 1921, Nr.1

3. Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen-Anhalt, I Bezirk Magdeburg,

Deutscher Kunstverlag München – Berlin, Nachdruck 1974

4. Adressbuch des Kreises Salzwedel von 1910/11, Stadtarchiv Salzwedel

5. Aufzeichnungen über evangelische Pfarrer in Dähre nach der Reformation, Archiv des Verfassers dieser Arbeit

 

Bilder:

Bild 1: Die Dährer Neubauten von 1903 bis 1905 : (v. l. n. r.) Diercks, Elfert, Burmeister und Siebert/Heiser

Bild 2: Die alte Kirche vor der Generalreparatur um 1900

Bild 3: Die alte Kirche vor 1900 noch mit der Einfassungsmauer und Haupteingang

Bild 4: Die alte Kirche noch mit Grabsteinen und am Eingang vor der Mauer links und rechts die Steine für den Schulzen und den 1. Schöppen

Bild 5: Über dem Haupteingang der neuen Kirche: Umgebaut 1903, Architekt Prejawa Kgl. Baurat in Salzwedel

Bild 6: Das Innere der neuen Kirche mit den Sitzbänken, den Emporen und mit Blick auf den Altar

Bild 7: Der "Heilige Andreas" aus dem 15. Jahrhundert

Bild 8: Der kleine Schnitzaltar von um 1500

Bild 9: Gestiftetes farbiges Glasfenster: von Meding mit Wappen – im silbernen Felde einen auf grünem Boden liegenden schwarzen Hirsch mit einer rot und silbern gestreiften Decke

Bild 10: Gestiftetes farbiges Glasfenster: von der Schulenburg mit Wappen – im silbernen Felde drei rote Raubvogelklauen

Bild 11: Hermann Paul Franz Gieseler – Pastor in Dähre von 1885 bis 1906

Bild 12: Die neue Kirche mit den modern veränderten Außenanlagen

 


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