Die Feldsteinkirche von Binde

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Von Paul Meitz, Binde
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Bronze musste im Ersten Weltkrieg ans Reich abgeliefert werden
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Binder Glocken zerbarsten beim Trauergeläut


Binde. Die kleine Gebetsglocke der Binder Kirche verstummte mit der Reformation. Beim Trauerläuten für die Königin Elisabeth zersprang die älteste Bronzeglocke. Den Tod der Kaiserin Augusta nahm sich die große Bronzeglocke so zu Herzen, dass sie beim Trauerläuten für die Herrscherin ebenfalls zersprang. Beide Glocken wurde umgegossen und endeten schließlich im Weltkrieg 1917. Diese Geschichte ist in der Chronik überliefert. Im Jahre 1920 wurden Stahlglocken angeschafft. Diese verstummten im Vorjahr. Denn die Kirche ist von der Baubehörde gesperrt worden. Die kleine Gebetsglocke war ohne Inschrift. Ihr Entstehungsdatum ist nicht überliefert. Aus Bronze gegossen wog sie gerade 50 Kilogramm. Seit der Reformation nicht mehr geläutet, wurd sie im Weltkrieg 1917 abgeliefert.

In Sandkuhle gegossen

Die älteste Bronzeglocke wog 350 Kilogramm. Ihre Inschrift lautete: 1505 am Tage Johannes des Täufers ist diese Glocke zur Ehre Gottes von Meister Hans Freitag in Beisein des Pastors Herrn Mathias Voß und der Gotteshausleute Thomas Benecken u. Joachim Neubauer u. Joachim Schulze gegossen. Nach mündlicher Überlieferung fand dieser Glockenguss in der Binder Sandkuhle statt, die seit dieser Zeit Glockenkuhle heißt. Ihr Ende kam 1874. Sie zersprang beim Trauerläuten für die Königin Elisabetz, der Gemahlin Friedrich Wilhelms IV. Noch im gleichen Jahr wurde sie umgegossen und bekam folgende neue Inschrift: "Ehre sei Gott in der Höhe, gegossen 1505, umgegossen 1874 von Gebr. Ulrich." Der neue Guss kostete die Gemeinde 280 Taler und 12 Groschen.
Aber es gab auch noch eine größere Glocke in der Binder Kirche. "Im Jahre des Herrn 1524 dabei goss mit Arnolt Blume, Sankt Georg heiße ich. Das Wetter verscheuche ich. Die Lebenden rufe ich. Die Toten beweine ich. Die Bevemten beklage ich." So lautete einst die Inschrift auf diesem fast 800 Kilogramm schweren Bronzeguss. Auch sie ereilt das Schicksal ihrer älteren kleinen Schwester. Den Tod der Kaiserin Augusta, der Gemahlin Kaiser Wilhelms I, im Jahre 1890, nahm sie sich wahrscheinlich so sehr zu Herzen, dass sie beim Trauerläuten für diese großartige Frau ebenfalls zersprang. Doch auch sie wurde von den Gebr. Ulrich in der Binder Glockenkuhle umgegossen. Dabei erhielt sie neben der alten Inschrift noch folgenden Zusatz: Gegossen 1524, umgegossen 1891 v. Gebr. Ulrich, Pastor Otto Schneider, Kirchenälteste Kleinau, Sasse, Gaede, Schulze, Schulz". Die neue Glocke kostete die Gemeinde 1790 Mark. Da die alte Glocke mit 1105 Mark angerechnet wurde, brauchte die Gemeinde nur noch 685 Mark zu bezahlen.
Während des Ersten Weltkrieges im Jahre 1917 kam auch für diese Glocke das Aus. Sie wurde für den Ggenwert von 1500 Mark an das Reich abgeliefert. Dabei hätte sich der Landrat, der die Glocke für das Reich eizog, auch mit der kleineren Schwester begnügt. Die Entscheidung darüber überließ er dem Kirchenrat, der sich schließlich für die Ablieferung der größeren Glocke entschied. Die Folge war, dass sich die verbliebene kleinere Glocke nicht läuten ließ. So wurde auch sie verkauft und zwei Stahlglocken angeschafft.
Weihnachten 1920 wurde erstmals geläutet. Die Stahlglocken waren,, wie damals üblich, ohne Inschrift. Obwohl sie größer waren, klangen sie nicht so gut wie die alten Bronzeglocken. Man musste sich an den neuen Ton erst gewöhnen. Im Vorjahr kam für die beiden Stahlglocken das vorläufige Aus. Turm und Kirche wurden wegen Baufälligkeit gesperrt. Es darf nicht mehr geläutet werden. War es nur die Folge des im Jahre 1793 eingeschlagenen Blitzes, der den Turm spaltete und das Turmgewölbe zerstörte ? Vielleicht haben aber auch die beiden Stahlglocken zur Beschleunigung des Verfalls beigetragen ?


An dieser Stelle möchte ich alle Besucher dieser Seiten ansprechen, die wie ich in unserer Kirche ein einzigartiges Architekturdenkmal sehen. Dieses schöne Bauwerk, welches mit einer enormen Bauleistung durch unsere Vorfahren geschaffen wurde, sollte unbedingt auch den nachfolgenden Generationen erhalten bleiben. Viele Feldsteinkirchen der Altmark befinden sich in akuter Baunot. Damit diese Bauwerke eine Zukunft haben, sollte man sie nicht ausschließlich mit Glauben und Religion in Verbindung bringen.
Dieses Denkmal steckt voller Geschichte und bereichert so auf besondere Weise unser Dorfleben. Die Einbeziehung in Geschichtsvorträgen und Führungen, wie es ja schon in den Großstädten praktiziert wird, würde es noch stärker in das kulturelle Leben aller Bürger rücken lassen.


Diese Seiten wurden von mir im Juni 2008 erstellt. Soweit der Text nicht von mir stammt, erfolgt der Abdruck mit ausdrücklicher Genehmigung der genannten Autoren, Vereine und Institutionen. Andreas Schwieger, Apenburg


Anmerkungen von Paul Meitz zur Glockengusskunst, zum Rundgang um die Kirche


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